Eine Wasserstofftankstelle für Bendorf

 

13. Juli 2022
Eine Wasserstofftankstelle für Bendorf

Die Tankstelle der Zukunft? Foto: @farm

Wenn man an die Logistikbranche denkt, ist der Umweltschutz wohl kaum die erste Assoziation, die einem in den Sinn kommt. Spricht man mit dem Geschäftsführer der Spedition Normann in Bendorf, Andreas Normann, über das aktuelle Projekt „HyStarter“, merkt man allerdings schnell, dass auch hier in einigen Unternehmen schon ein Umdenken stattgefunden hat. Denn es ist seine Initiative, die dazu führt, dass in den kommenden Jahren in Bendorf mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Wasserstofftankstelle entsteht.

Sätze wie „Das ist die einzige Möglichkeit, um dem Mobilitätsdrang der Menschheit regenerativ und mit Bewusstsein für die Bewahrung der Schöpfung zu begegnen“ spricht er mit voller Überzeugung aus. Und er spricht nicht nur, sondern er handelt auch. Als ihm vor etwa fünf Jahren klar wurde, dass die Nutzung von fossilen Brennstoffen so bald wie möglich beendet werden muss, hat er bei der Kreisverwaltung Mayen/Koblenz eine Bauvoranfrage zum Bau einer Wasserstofftankstelle auf einem der Firmengrundstücke in Bendorf gestellt. Zunächst waren die Reaktionen verhalten – in der Verwaltung sah man vor allem die Risiken beim Einsatz von Knallgas. Normann ließ sich aber nicht abschrecken, und behielt das Thema im Blick. Die Wirtschaftsförderung des Kreises machte ihn dann auf ein Programm der Bundesrepublik aufmerksam, das den Titel „HyStarter“ trägt. Damit soll der Einsatz von Wasserstoff als regenerative Energiequelle gefördert werden. Ein entsprechender Antrag wurde gestellt – und Bendorf gehörte zu den zehn erfolgreichen Kommunen, die aus über 60 Bewerbungen für das Projekt ausgewählt wurden.

Aktuell gibt es in diesem Zusammenhang viele Treffen mit Beteiligten aus der Wirtschaft, dem Umweltschutz, Genehmigungsbehörden und Energieversorgern. Dabei sollen Modalitäten ausgearbeitet werden, welche Möglichkeiten in Bendorf umgesetzt werden können.

Gemeinsam mit dem Unternehmen GP Joule aus Nordfriesland arbeitet Normann aktuell an Plänen, die dazu führen sollen, die gesamte Flotte des Unternehmens – aktuell etwa 30 LKWs – auf regenerativen Antrieb umzustellen. Das Problem dabei: Die Anschaffung von Fahrzeugen, die mit Wasserstoff betrieben werden können, ergibt natürlich nur Sinn, wenn der geeignete Treibstoff auch verfügbar ist. Das Betreiben einer entsprechenden Tankstelle ist aber nicht rentabel, wenn noch keine Fahrzeuge unterwegs sind, die Wasserstoff tanken. Hier kommt die Expertise von GP Joule ins Spiel. Das Unternehmen ist auf Initiative von zwei Landwirten entstanden, die sich intensiv mit dem Thema „regenerative Energien“ beschäftigt haben.

Die betreiben inzwischen einige Pilotprojekte an verschiedenen Orten in der Bundesrepublik – und beraten mit ihrer Expertise entsprechende Entwicklungen in anderen Regionen. Gemeinsam mit GP Joule erarbeitet Normann aktuell ein Konzept für eine Wasserstofftankstelle, die auf dem Gelände der Spedition entstehen soll. Dafür wird derzeit das Unternehmen „Hy Bendorf“ gegründet, das die Tankstelle bauen und betreiben soll. Das ist zwar durchaus ein gewisses Risiko. Aber Normann und GP Joule sind davon überzeugt, dass der Wasserstoffantrieb eine wesentliche Komponente bei der Umstellung auf regenerative Energien ist – vorausgesetzt, er wird auch tatsächlich aus ökologisch produziertem Strom gewonnen. „Ich bin mir sicher, dass sich da auch in unserer Region einige Produzenten finden werden, die grüne Energie gewinnen. Denn nur die wollen wir verwenden, um über Elektrolyse Wasserstoff anzufertigen“ erklärt Herr Normann.

Aktuell erhält er mit seinen Überzeugungen viel Rückenwind. Die Energiekrise macht die Dringlichkeit der Umstellung auf regenerative Energien noch einmal deutlicher. Und auch bei den Fahrzeugen tut sich einiges. So war Normann vor wenigen Tagen bei einer Präsentation der Firma Clean Logistics am Flughafen von Stade, und konnte zum ersten Mal in einer Sattelzugmaschine fahren, die über eine Brennstoffzelle angetrieben wird – ein prägendes Erlebnis. Und nur wenige Tage später präsentierte auch Mercedes-Benz den ersten Wasserstoff-Brennstoffzellen-Lkw.

Die Spedition betreibt selbst schon mehrere Photovoltaikanlagen, deren Strom nicht voll eingespeist wird – den Großteil der Energie nutzt das Unternehmen selbst. Mit dem überschüssigen Strom könnte per Elektrolyse Wasserstoff erzeugt werden. Ein Weg, den sicher auch viele andere Unternehmen gehen werden, wenn erst einmal eine Möglichkeit für die Nutzung des Wasserstoffs gegeben ist.

Das Projekt ist sicher nur ein Puzzlestein in einem gewaltigen Vorhaben. Aber man kann Andreas Normann nur beipflichten, wenn er sagt: „Wenn viele kleine Leute an vielen kleinen Orten viele kleine Dinge tun, können sie ganz viel verändern“. Rainer Claaßen

Das Gas, mit dem Wasserstofffahrzeuge betankt werden, wird über Elektrolyse aus Wasser gewonnen. Der Vorgang braucht viel Energie. Dafür lassen sich Überkapazitäten nutzen, die etwa an sonnigen Tagen bei Photovoltaikanlagen anfallen. Die Handhabung des Gases, das in Druckbehältern gelagert werden muss, ist etwas aufwändig – doch immer mehr Unternehmen finden Lösungen für eine risikoarme Nutzung. Der Vorteil: Die Fahrzeuge verursachen keine schädlichen Emissionen. Und anders als bei Elektrofahrzeugen ist auch die Herstellung relativ ressourcenschonend.