Drohnen – kleine unbemannte Luftfahrzeuge – sind heute aus dem gewerblichen Alltag nicht mehr wegzudenken. Das Problem: sie sind batteriebetrieben und der Akku muss oft gewechselt werden. Lange Reichweiten zur Erkundung von Objekten oder die Aufnahme größerer Flächen sind dadurch nicht möglich.

Diese Erfahrungen hat auch das Koblenzer Start-up AeroDCS gemacht, das professionell Luftaufnahmen erstellt, diese digital analysiert und die Daten mittels innovativer Verfahren aufbereitet. So werden die Luftbilder verwendet bei der Überprüfung von Gaspipelines, beim Borkenkäferbefall im Wald, bei Erosion, bei Rissen im Gestein wie bei der Loreley, um den Gesundheitszustand von Reben im Rahmen des Projekts „Smarter Weinberg“ zu erkennen oder auch bei Katastrophen wie im Ahrtal.
Eine Idee wird geboren
Die kurze Reichweite und eine Flugdauer von nur rund 30 Minuten ärgerte jedoch das kleine Unternehmen in Koblenz-Metternich. Ein Wasserstoffantrieb wäre eigentlich eine gute Lösung. „Denn ein Gramm Wasserstoff enthält 165-mal mehr Energie als man in einem Gramm Akku speichern kann“, erklärt Ingenieur Dieter Novotny von AeroDCS. Doch einen Wasserstoffantrieb für Drohnen gibt es für diese Einsatzzwecke auf dem Markt nicht. Dann entwickeln wir ihn selbst, sagte sich Geschäftsführer Ralf Hoffmann. Die war Idee geboren und wird seit Februar 2021 in die Tat umgesetzt.
Die Schwierigkeit, Wasserstoff zu bekommen
Zunächst hat das Team mit Unterstützung der Diplom-Chemikerin Birgit Hoffmann-Hausdorf eine Studie erstellt. Kann die Idee überhaupt umgesetzt werden? Reicht die Energie der Brennstoffzelle aus? Was muss beim Umgang mit Wasserstoff bedacht werden? Es wurden die verschiedensten Fragestellungen untersucht. Und es sah gut aus!

Der Wasserstoffantrieb ist machbar! „Dass es aber äußerst schwierig war für unser kleines Unternehmen, an Wasserstoff ranzukommen, das hatten wir hingegen nicht gedacht“, sagt Birgit Hoffmann-Hausdorf mit einem Lächeln. „Die Versorgung mit Wasserstoff ist wirklich im Aufbaustadium. Wir können lediglich bei den beiden großen Gaslieferanten den Wasserstoff beziehen, aber da wir so kleine Mengen benötigen, haben wir nicht immer die erste Priorität.“ So musste AeroDCS einmal fünf Wochen auf eine Lieferung warten. Und das gerade in einer wichtigen Testphase. „Und leider bekommen wir bislang auch nur grauen Wasserstoff, keinen grünen aus nachhaltiger Produktion“, bedauert Ralf Hoffmann.
Bei den anderen Komponenten hingegen gab es keine Schwierigkeiten. Sie stammen alle aus Europa. Der Druckzylinder kommt aus Italien, die Brennstoffzelle aus England, Schläuche aus Polen und das Flugobjekt selbst aus Deutschland. Ein komplett europäisches Produkt.

Der Air Barrow Fuel Cell entsteht
Für die Entwicklung des Antriebs konnte Ingenieur Mostafa Abdelshafy gewonnen werden. Der Ägypter kam nach Deutschland, um seinen Master in Maschinenbau zu absolvieren. „Ein Glücksgriff“, sagt Hoffmann. „Er hat geniale Ideen und immer wieder Verbesserungen wie man Teile für den Air Barrow Fuel Cell leichter bauen kann.“

Die Air Barrow Drohne hat eine Spannweite von 2,99 Meter und eine Rumpflänge von 1,50 Meter. Je leichter die Drohne ist, desto länger kann sie fliegen, aber auch desto mehr kann sie zuladen, denn die unbemannten Luftfahrzeuge dieser Kategorie dürfen nicht mehr als 25 kg wiegen.
Mit einer Reichweite von rund 700 Kilometern, einer Ausdauer von bis zu acht Stunden und einer Geschwindigkeit zwischen 70 und 120 Km/h leistet sie mehr als das Dreifache von akkugetriebenen Drohnen. Dadurch, dass der Air Barrow senkrecht starten und landen kann, ist das Fluggerät mit dem neuartigen Wasserstoffantrieb zu einer multifunktionalen Vermessungs-, Kontroll- und Transportdrohne geworden.
Innovationszuschuss vom Land
Die Entwicklung des Antriebs unterstützt das Land Rheinland-Pfalz mit einem Innovationszuschuss in Höhe von 340.000 Euro. „Rheinland-Pfalz hat sich zum Ziel gesetzt ab dem Jahr 2030 eine bilanzielle Stromdeckung durch 100 Prozent erneuerbarer Energien zu erreichen. Dabei ist Wasserstoff einer der zukünftigen Energieträger, da es flexibel eingesetzt werden kann und leicht transportierbar ist“, sagte Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt anlässlich der Bescheidübergabe in Koblenz.


Alle Tests bestanden
In einer speziellen Testeinrichtung wurde der Air Barrow sechs Monate lang unter besonderen Bedingungen getestet. Auch diesen Test hat der Air Barrow mit Bravour bestanden. Jetzt muss er nun noch zeigen, dass er auch im Freien allen Anforderungen gerecht wird
Im Katastrophenfall Kommunikation ermöglichen
Mit dem neuen Wasserstoffantrieb wäre es möglich, nach Katastrophen wie Erdbeben, Fluten nach Starkregen oder Lawinen, bei denen die Infrastruktur zerstört wurde, den Air Barrow über dem Gebiet kreisen zu lassen. Er würde in kürzester Zeit ein Mobilfunknetz oder WLAN für Bevölkerung und die Einsatzkräfte zur Verfügung stellen.
Das hierbei ausgestrahlte Signal wird so flexibel an den Einsatzort gebracht, in hügeliges Gelände, tiefe Schluchten oder über überflutete Gebiete – wo ein direkter Zugang nicht möglich ist. Mit einer Flugdauer von acht Stunden könnten zwei Flugträger ein großes Gebiet permanent mit breitbandiger Kommunikation versorgen. Auch wäre die Versorgung mit Medikamenten, Personensuche über Handy-Ortung oder die Sofortkartierung von Schäden möglich.

Wasserstoff wird Erdgas verdrängen
Nicht nur im Katastrophenfall, auch im Alltagsgeschäft wird der Antrieb mit wasserstoffbetriebenen Brennstoffzellen die Arbeit erleichtern. So zum Beispiel bei der Kontrolle der Pipelines. „Im Zuge der Anpassung des Energiesystems an die Erfordernisse der Energiewende wird man Zug um Zug bis 2045 Erdgas aus den Pipelines verdrängen und durch Wasserstoff ersetzen. Alle zwei Wochen die optische Kontrolle der Leitungen mit fossil angetrieben Hubschraubern durchzuführen, ist spätestens dann aus der Zeit.
Deshalb entwickeln wir heute bereits unbemannte Luftfahrzeuge, die mit dem gleichen Wasserstoff betrieben werden, der in den Pipelines fließt und ermöglichen damit den Schutz der Infrastruktur auf nachhaltige Weise“, sagt Ralf Hoffmann mit Blick in die Zukunft. Petra Dettmer