Bacharach: „Alles Bio oder was?“

Einer, der weiß, wie er leben möchte und was ihm schmeckt, ist Marco Hofmann. Winzer mit Leidenschaft

17. Juni 2023
Bacharach: „Alles Bio oder was?“

Einer, der weiß, wie er leben möchte und was ihm schmeckt, ist Marco Hofmann. Wir besuchen ihn in Bacharach im UNESCO-Welterbe Oberes Mittelrheintal, im Landkreis Mainz-Bingen. Hier ist Marco Winzer im Nebenerwerb, aber mit ganz viel Leidenschaft. Im „richtigen Leben“ ist der gelernte Physiker Wissenschaftler am Institut für allgemeinen und ökologischen Weinbau der Hochschule Geisenheim. Studiert hat er an der Goethe-Uni in Frankfurt. Dort lebt er noch heute.

Doch der Reihe nach.

Der 54-Jährige kommt gebürtig aus Altenkirchen, ist da aufgewachsen, zur Schule gegangen und hat seine Schullaufbahn am Westerwald-Gymnasium mit dem Abitur beendet. Nach dem Physikstudium ging er für die Diplomarbeit nach München. Genauer gesagt an das Zentrum für Angewandte Energieforschung ZAE Bayern.

Doch wie kam er zum Wein?

Mit Martin (Sturm), einem guten Freund aus seiner Westerwälder Heimat, erkundete er Land und Leute und Wein, eben auch im Mittelrheintal. Martins Verwandtschaft lebt in Oberwesel und besaß einen steilen Weinberg. „Überall lagen hervorragende Weinberge brach, die allerdings viel Handarbeit erfordern“, erzählt der sympathische Mitfünfziger. „Das erschien uns als Chance für den Einstieg.“ 2002 nahm er in Geisenheim das Studium „Weinbau und Önologie“ auf. Vorab hatte er ein Praktikum beim Weingut Ratzenberger in Bacharach (Steeg) absolviert.

Zur selben Zeit begann er gemeinsam mit Martin Rebflächen im Steeger St. Jost, der Bacharacher Wolfshöhle und dem Oberweseler St. Martinsberg zu bewirtschaften. Seit 2008 managt Marco das Weingut alleine. Wenn es soweit ist, kommen Freunde und helfen Marco Hofmann bei der Weinlese an den Wochenenden. Mittlerweile baut Marco auf 51 Ar Riesling und auf 14 Ar Spätburgunder an. Der Spätburgunder reift auf dem (gepachteten) Weinberg in der Lage Oberweseler St. Martinsberg. Die „Ausbeute“: 228 Liter, die im Barrique Fass lagern und reifen. Das reicht für 300 Flaschen, die er an Freunde, Weinliebhaber und auf Veranstaltungen verkauft. Wie etwa die selbstorganisierten Tage auf einer Art temporären Straußwirtschaft in Frankfurt. Eigentlich ist es ein Kirchhof in Bornheim in den Arkaden von St. Josef.

Mit von der Partie ist Annette Gloser, die seit 1991 Kunstprojekte organisiert. Über die erste Veranstaltung 2019 sagte sie, „von Mitgliedern des Kirchenchors über Banker bis zum Punker sei alles vertreten gewesen. Gäste mit High Heels oder Flip Flops und sogar mit Hausschuhen saßen quer Beet durcheinander und haben das sichtlich genossen.“ Auch in diesem Jahr ist für Juli wieder eine Veranstaltung geplant.

„2022 war ein ungewöhnliches Jahr. Im Frühjahr war es schon herrlich warm, in der Reifephase fast zu trocken. Daraus erwachsen sind reife und zugleich ‚schlanke‘ Weine. Wenig Säure, wenig Alkohol.“ So schmeckt Rheinland-Pfalz. Oder zumindest ein Teil davon. Doris Kohlhas