Der Basteltisch ist voll mit Scheren, Papierstreifen und Goldfäden. Ein Kind pustet Glitzerstaub von den Fingern, während die Mutter einen Stern aus Stroh bindet. So beginnt jedes Jahr aufs Neue eine leise, vertraute Tradition: das gemeinsame Gestalten des eigenen Weihnachtsschmucks. Zwischen Lachen und konzentriertem Schweigen entstehen kleine Kunstwerke - jedes mit der Spur derer, die es geschaffen haben.
Symbole für Leben, Fruchtbarkeit und Schutz
Lange bevor es glänzende Glaskugeln oder funkelndes Lametta gab, schmückten Menschen ihre Häuser mit dem, was die Natur hergab. Äpfel, Nüsse, getrocknete Früchte und Tannenzapfen galten als Symbole für Leben, Fruchtbarkeit und Schutz. In kalten, dunklen Wintern bot das Basteln eine Möglichkeit, Licht und Farbe ins Haus zu bringen. Besonders der Strohstern hatte eine tiefe Bedeutung: Er stand für die Sonne, für Wärme und das wiederkehrende Licht nach der längsten Nacht des Jahres.
Im 18. und 19. Jahrhundert entwickelte sich daraus eine ganze Volkskunst. Familien trafen sich in den Wochen vor Weihnachten, um zu schneiden, zu flechten und zu binden. Es war nicht nur Beschäftigung, sondern ein Akt der Gemeinschaft. Man sprach über das Jahr, sang Lieder, und jedes gefertigte Stück war Ausdruck von Zusammenhalt. Auch in Klöstern und Werkstätten entstanden in dieser Zeit kunstvolle Figuren aus Papier, Holz und Stoff - Vorläufer vieler Dekorationen, die heute selbstverständlich wirken.
Mit der Industrialisierung veränderte sich die Weihnachtswelt. In Thüringen begann man, zarte Glaskugeln zu blasen, die bald zum Exportschlager wurden. Doch das Handwerkliche, das Persönliche, verschwand nie ganz. Selbst in Zeiten, in denen es an vielem mangelte, fand man Wege, aus wenig etwas Schönes zu schaffen - Papierengel aus alten Zeitungen, Girlanden aus Stroh, Sterne aus Brottüten. Heute, in einer Welt voller Massenware, erlebt das Selbermachen eine Renaissance. Viele entdecken die Freude am Gestalten neu - aus Sehnsucht nach Einfachheit und Individualität. Naturmaterialien ersetzen Plastik, schlichte Formen treten an die Stelle von Glitzer und Überfluss. Alte Blechformen werden neu bemalt, Stoffreste zu Bändern geflochten, Tannenzapfen mit etwas Farbe zum Hingucker. Und wer einmal selbst eine Papierkugel gefaltet hat, spürt, dass Basteln nicht nur ein Tun ist, sondern ein Prozess des Ankommens. Vielleicht liegt darin das Geheimnis des selbstgemachten Weihnachtsschmucks: Er bringt uns zurück in eine Zeit, in der Dinge Bedeutung hatten, weil Hände und Herzen daran beteiligt waren.
Jedes Stück ist ein kleines Unikat, mit Erinnerungen behaftet - manche Anhänger begleiten Familien über Generationen hinweg, leicht vergilbt, aber kostbar. Wenn am Heiligabend der Baum geschmückt wird, trägt er mehr als nur Glanz. Zwischen Zweigen und Kerzen hängen Geschichten, Gesten und Gedanken. Dann leuchtet der Baum nicht nur durch seine Lichter-sondern durch die Liebe, die in ihm steckt.
Bastelanleitungen

Schwierigkeitsgrad: leicht bis mittel
Material: Strohhalme, Garn, Papierunterlage, Stecknadel, evtl. Goldspray
So geht's:
• Strohhalme in gleich lange Stücke schneiden (je 10-12 cm).
• Vier bis acht Halme sternförmig auf einer Unterlage anordnen.
• Mit Garn in der Mitte festbinden, gegebenenfalls eine Stecknadel zum Fixieren verwenden.
• Die Enden mit der Schere leicht zuschneiden, nach Belieben mit Goldspray besprühen.
Tipp: Wer kein echtes Stroh hat, kann Papierstroh oder Bast verwenden - nachhaltiger und kindersicher.
Schwierigkeitsgrad: sehr leicht
Material: Orangen, Backofen, Zimtstangen, Bänder oder Kordel
So geht's:
• Orangen in ca. 5 mm dünne Scheiben schneiden.
•Auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech legen und bei 80 °C Umluft 3-4 Stunden trocknen (mehrmals wenden).
• Abkühlen lassen, mit einer Nadel lochen und mit Kordel oder Naturband aufhängen.
Tipp: Wer mag, kann kleine Stücke Zimtstange oder Nelken aufkleben - das duftet wunderbar und hält monatelang.
Schwierigkeitsgrad: leicht
Material: alte Buchseiten oder Notenpapier, Schere, Basteldraht, Perlen, Kordel
So geht's:
• Zwei Rechtecke (ca. 10 x 15 cm] fächerartig falten.
• Den ersten Teil zur„Kleidung“, den zweiten zu„ Flügeln“ formen.
• Mit Draht in der Mitte fixieren, oben eine Perle als Kopf befestigen. Zum Aufhängen eine Kordel durchziehen.
Tipp: Mit leicht vergilbtem Papier wirken die Engel besonders nostalgisch.
Schwierigkeitsgrad: mittel
Material: Bienenwachsplatten, Ausstechformen, Garn, Holzstäbchen
So geht's:
• Bienenwachsplatte leicht anwärmen (Föhn oder Handwärme).
• Mit Plätzchenausstechern Motive ausstechen.
• Mit Holzstäbchen ein Loch zum Aufhängen stechen.
• Faden hindurchziehen und an Baum oder Zweig hängen.
Tipp: Beim Erwärmen entfaltet sich ein zarter Honigduft – ideal für den Adventskranz oder als Fensterschmuck.
Schwierigkeitsgrad: mittel
Material: Stoffreste, Schere, Nadel & Faden oder Nähmaschine, Holzperlen
So geht's:
• Stoffreste in kleine Dreiecke oder Herzen schneiden.
• Mit der Nähmaschine oder per Hand aneinanderreihen, dazwischen Holzperlen setzen.
• Aufhängen über Türrahmen, Fenster oder Kamin.
Tipp: Besonders stimmungsvoll mit alten Leinenstoffen oder kariertem Baumwollstoff im Landhausstil.
Schwierigkeitsgrad: sehr leicht
Material: 7 Butterbrottüten, Klebestift, Schere, Klammer
So geht's:
•Tüten übereinanderlegen und zu einem Fächer zusammenkleben (mittig und unten).
• Spitze oben zuschneiden, Sternform gestalten.
• Seitlich aufklappen, zusammenklammern, aufhängen.
Tipp: Wer die Kanten mit etwas Goldlack versieht, erzielt einen leichten Vintage-Effekt.
