Mehr als ein halbes Jahrhundert später hat sich die Branche stark gewandelt. Auch in der Ausbildung werden neue Wege eingeschlagen: Neben der Trauerpsychologie stehen heute auch Grabmachertechnik, Floristik und das fachgerechte Einbetten auf dem Plan.
Der Wunsch, Bestatter zu werden, haben nicht viele Jugendliche auf dem Plan, wenn es um die Wahl des zukünftigen Berufes geht. Trotzdem hat es Carlos Stützel aus Idar-Oberstein gewagt und hat vor wenigen Wochen seine Ausbildung erfolgreich abgeschlossen. Bernd Geyer ist stolz auf seinen wohl letzten Zögling. Während seiner langen Laufbahn hat der erfahrene Bestatter schon einige Berufsneulinge angelernt – darunter auch einige Frauen: „Der Beruf ist sehr weiblich geworden. Rund 60 Prozent Frauen starten derzeit eine Ausbildung im Bestattungswesen. Dem gegenüber stehen 40 Prozent Männer“, so Geyer. Auch wenn man den Beruf des Bestatters nicht mit einem klassischen Handwerksberuf vergleichen kann, so ist er dennoch in der Handwerksrolle B eingetragen und somit staatlich anerkannt. Die Prüfung wird auch vor der Handwerkskammer abgelegt. Besonders Frauen seien für den Beruf geeignet, weil sie mit mehr Feingefühl an die Arbeit herangehen, das für die Trauerarbeit essenziell ist: „Allerdings darf man auch keine Berührungsängste haben. Nicht jeder Mensch stirbt eines natürlichen Todes. Zudem sollte man in guter körperlicher Verfassung sein und auch schwere Dinge wie etwa einen Sarg heben können“, erklärt Bernd Geyer.
Mitfühlender Berater und Dekorationskünstler
Zu den Aufgaben des Bestatters gehört zunächst die Aufnahme des Verstorbenen nach der Todesermittlung und Ausstellung eines Totenscheines durch einen Arzt und die Überführung zur Leichenhalle, wo der Leichnam zunächst flüchtig in Augenschein genommen wird: „Liegen konvexe oder konkave Augen vor? Ist die Totenstarre eingetreten? Wie sehen die farblichen Veränderungen der Fingernägel aus? – Dies sind neben der Aufnahme aller wichtigen Informationen bei den Hinterbliebenen die ersten Fragen, die ein Bestatter klären muss“, hebt Bernd Geyer hervor. Nach der Beschau wird der Verstorbene in den Sarg eingebettet und für die weiteren Arbeitsschritte vorbereitet. Hierzu ist hygienisches Fachwissen maßgebend. Bei einer Feuerbestattung wird eine weitere Untersuchung durch einen Amtsarzt verpflichtend durchgeführt. Danach steht das Beratungsgespräch mit den Hinterbliebenen an. Hierzu wird ein Termin im Büro des Bestatters vereinbart. „Wir klären hier zunächst, was sich der Verstorbene gewünscht hat, ob ein handschriftliches Testament (evtl. auch bei einen Nachlassgericht) vorliegt oder andere Vereinbarungen der Bestattung getroffen wurden“, so Bernd Geyer. Besonders alleinstehende Menschen suchen das Gespräch mit dem Bad Kreuznacher Unternehmer und organisieren ihr Ableben im Voraus. „Die Bestattungsvorsorge ist ein Feld, dass besonders in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat“, so der Bestatter.


Neben der klassischen Bestattung im Sarg wird die Urnenbestattung immer beliebter. Beim Bestatter wird neben der Trauerfeier auch alltägliche Probleme geklärt, auf die Hinterbliebene im ersten Augenblick gar nicht kommen: „Zum Beispiel müssen die Krankenkasse, die Rentenstellen und andere Versicherungen über den Tod des Ehemanns oder der Ehefrau informiert werden. Auch andere Verträge müssen geprüft und umgeschrieben werden. Diese Formalitäten sind sehr wichtig. Wir klären die Hinterbliebenen gerne auf, dürfen aber keine Rechtsberatung durchführen“, so Bernd Geyer. Bereits in der Ausbildung lernen die angehenden Bestatter nicht nur das Führen des Trauergesprächs, sondern auch wie man eine Trauerfeier organisiert, wie man die richtigen Blumen für die Gestecke zusammen mit den Hinterbliebenen aussucht und wie man Drucksachen wie Traueranzeigen und Trauerkarten vorbereitet.
Aufrichtiges und ehrliches Verhalten ist selbstverständlich

Natürlich muss ein Bestatter auch vertraulich mit all den Informationen, die er von den Hinterbliebenen erhält, umgehen. „Ein aufrichtiges und ehrliches Verhalten ist selbstverständlich und wird vorausgesetzt“, so der Bad Kreuznacher Bestatter zu seinem Berufsbild. Auch Schulfächer wie Religion und Geografie stehen auf dem Berufsschulplan: „Die Würde der Verstorbenen zu achten und die Riten aller Nationen, Kulturen und Religionen zu respektieren, ist ein wesentliches Berufsgebot, das es mit größter Sorgfalt nachzukommen gilt. Außerdem sollte man auch ohne Navigationsgerät wissen, in welcher Ortschaft ich einen Verstorbenen abholen muss und wo die nächste Leichenhalle ist.“ Bernd Geyer rät Berufsinteressierten nicht nur zu einem vierwöchigen Schnupperpraktikum, sondern seinen Auszubildenen, auch ab und zu den Blick ins eigene Seelenleben zu werfen: „Wenn man alltäglich mit dem Tod konfrontiert ist, muss man auch innerlich abschalten dürfen.“ Zum Ausgleich lässt der Bad Kreuznacher gerne Drohnen fliegen und ist Hobbyastronom: „Ich schaue gerne in die Sterne, habe aber noch keine außerirdische Seele gefunden“, schmunzelt Bernd Geyer, der seine innerliche Kraft auch aus seiner Familie und Freunde schöpft. cm

