Wie Kl medizinische Behandlungen verbessern kann

Im Gespräch mit Prof. Dr. Maik Kschischo, Leiter der Forschungsgruppe KI im Gesundheitswesen an der Universität Koblenz.

20. Dezember 2024
Wie Kl medizinische Behandlungen verbessern kann

Foto: C Malambo/peopleimages.com - stock.adobe.com

Die Forschungsgruppe KI im Gesundheitswesen an der Uni Koblenz arbeitet an Behandlungsoptimierungen.

Menschen machen Fehler. So auch Ärzte. Können wir sie mit KI unterstützen, bessere Entscheidungen zu treffen? Dieser Frage geht Prof. Dr. Maik Kschischo nach, Leiter der Forschungsgruppe KI im Gesundheitswesen am Institut Informatik an der Universität Koblenz. Hier entsteht aktuell der neue Schwerpunkt „Health Data Intellegence“, der institutsübergreifend neue Methoden mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz entwickelt, um Probleme im Bereich der Biomedizin zu lösen.

Herr Prof. Kschischo, wie muss man sich Ihre Arbeit vorstellen?

Prof. Kschischo: „Wir sammeln Daten. Dann analysieren wir diese mit Hilfe von mathematischen Modellen und statistischen Methoden oder entwickeln maschinelle Lernverfahren, um Probleme zu lösen.“

„UNSER ANLIEGEN IST ES, DIE ÄRZTE MIT DER KI IN IHREM BEHANDLUNGSALLTAG BESTMÖGLICH ZU UNTERSTÜTZEN. DIE BEDINGUNGEN SIND IN KOBLENZ IDEAL.“
PROF. DR. MAIK KSCHISCHO

Das ist jetzt sehr theoretisch. Können Sie ein Beispiel nennen?

Prof. Kschischo: „Gerne. Wir bekamen 20.000 Datensätze von Patienten aus der Intensivmedizin, die eine Sepsis, also eine Blutvergiftung, entwickelt hatten. Meist eine bakterielle Infektion, die mit Antibiotika behandelt wird. Bei einer Sepsis muss man schnell handeln, sie kann sonst tödlich verlaufen. Da der Arzt anfangs meist nicht weiß, welcher Erreger die Sepsis ausgelöst hat – der Nachweis dauert ungefähr zwei Tage –, kann er auch nicht das exakt passende Antibiotikum verabreichen und gibt häufig zunächst ein Breitbandantibiotikum. Jedes Antibiotikum hat aber seine eigenen Nebenwirkungen, mal greift es die Leber an, mal die Niere. Und je nach Sepsis sind unterschiedliche Organe stärker oder weniger betroffen.

Prof. Dr. Maik Kschischo, Leiter der Forschungsgruppe KI im Gesundheitswesen am Institut Informatik an der Universität Koblenz. Foto: Petra Dettmer
Prof. Dr. Maik Kschischo, Leiter der Forschungsgruppe KI im Gesundheitswesen am Institut Informatik an der Universität Koblenz. Foto: Petra Dettmer

Und wie kann die KI in dieser Situation helfen?

Prof. Kschischo: „Wir haben einen Algorithmus geschrieben, der anhand der Laborwerte und Vitaldaten bereits am frühen Anfang der Erkrankung erkennt, welches der vielen Antibiotika am besten wirkt. Unser Modell soll selbstverständlich nicht den Arzt ersetzen, aber ihn bei der Behandlung unterstützen, sie optimieren. Der Patient könnte durch die ärztliche Expertise und dem Algorithmus der KI schneller das für ihn richtige Antibiotikum erhalten.“

Auch während der Pandemie haben Sie erstaunliche Ergebnisse erzielt.

Prof. Kschischo: „Wir haben die Daten von Patienten analysiert, die aufgrund von Covid ins Krankenhaus mussten. Wir bekamen das Alter, den Entzündungswert CRP, den Kreatininwert, der Aufschluss über die Nierenfunktion gibt, und den Blutzuckerwert. Anhand dieser vier Daten konnten unsere Modelle äußerst genau erkennen, welcher Patient besonders gefährdet ist, was dann frühere Interventionen ermöglicht. 

Sind diese Modelle auf andere Ereignisse übertragbar?

Prof. Kschischo: „Auf jeden Fall. Das ist ja das Gute. Durch unsere hohe Vorhersagegenauigkeit haben wir gezeigt, dass wir eine ähnliche Krise rechtzeitig erkennen könnten, wenn wir merken, dass gewisse Werte aus dem Ruder laufen.“

Weshalb ist für Sie der Standort Koblenz ideal, um den Schwerpunkt Data Health Intellegence weiter aufzubauen?

Prof. Kschischo: „In Koblenz und der Region befinden sich viele Großunternehmen, die im Bereich Medizin, Digitalisierung und Innovation unterwegs sind. Aber auch kleinere Startups, mit denen wir eng zusammenarbeiten. Es besteht eine enge Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Instituten, wie zum Beispiel dem Institut für Informatik und der Computervisualistik und auch der Mathematik. Wir möchten in Zukunft auch mit dem Bundeswehrzentralkrankenhaus enger zusammenarbeiten. Ein wichtiger Partner.

Denn wir sind eine der wenigen Universitäten, deren Schwerpunkt die Behandlungsoptimierung ist. Unser Anliegen ist es ja, die Ärzte mit der KI in ihrem Behandlungsalltag bestmöglich zu unterstützen. Die Bedingungen sind in Koblenz ideal.“