Was schätzen Sie besonders an der Region Koblenz?
Prof. Rudolf: „Es ist eine sehr starke Region im Vergleich zu anderen in Bezug auf Hochschulen. Wir haben hier acht Hochschulen mit den unterschiedlichsten Schwerpunkten. Die Hochschule der Deutschen Bundesbank, die Hochschule Koblenz, die Hochschule für öffentliche Verwaltung Rheinland-Pfalz, die Hochschule der Polizei Rheinland-Pfalz, die Universität Koblenz-Landau, die VPU – Vinzenz Pallotti University, die WHU- Otto Beisheim School of Management und das Zentrum für Fernstudien im Hochschulverbund.“
Zusammen mit Prof. Dr. Wehner, Vizepräsident der Uni Koblenz-Landau und Thomas Brahm, Vorstandsvorsitzender der Debeka, bilden Sie den Vorstand der Allianz, treffen sich regelmäßig. Wo legen Sie Ihre Schwerpunkte?
Prof. Rudolf: „Die Region Koblenz ist eine einigermaßen wohlhabende Region, aber keine Spitzenregion im Wohlstand. Die heimische Wirtschaft ist mittelständig geprägt, hat aber sehr gutes Potenzial. Wir versuchen, die Menschen zusammenzubringen, die regionales Engagement zeigen und ihnen einen Kreis zu bieten, in dem sie Dinge besprechen und vorantreiben können. Mit dem jährlichen Hochschulpreis prämieren wir zum Beispiel herausragende Abschlussarbeitender Studierender, machen somit das Know-How der Region sichtbar. Aber uns ist es ebenso wichtig, die Region attraktiver zu gestalten, die Lebensqualität zu steigern und somit Wohlstand zu generieren. Denn je attraktiver das Umfeld, desto größer ist die Chance, dass sich Arbeitnehmer oder Gründer hier niederlassen.“
Was halten Sie von der Umstrukturierung der Universität?
Prof. Rudolf: „Ich sehe es definitiv als Chance, dass die zukünftige Universität Koblenz nur einen Standort haben wird. Die Verteilung der Verantwortung auf drei Standorte, also Mainz, Landau und Koblenz, ist suboptimal. Mit der Einstandortlösung wird es eine Leitung geben, die sich auch genau dort befindet, wo die Studierenden sind. Die Nähe zu den Studierenden und Projekten wird sich auch positiv auf das Umfeld auswirken. Außerdem werden die finanziellen Mittel nicht mehr von Mainz aus auf drei Standorte verteilt. Das Geld wird künftig in Koblenz verwaltet. Die Umstrukturierung birgt zudem die Chance einer größeren Identifikation der Unternehmen, die hier ansässig sind, mit der Universität.

Ich glaube auch, dass die Universität inhaltlich ein gutes Betätigungsfeld in der Region vorfindet. Die WWA hatte vor zwei Jahren die Koblenzer Erklärung abgegeben. Dort wurde unter anderem vorgeschlagen, ein Bundesinstitut für Hydrologie in Koblenz zu gründen. Aber auch das Thema digitales Gesundheitswesen hat in Koblenz einen ausgezeichneten Nährboden.“
Ist es nicht bedauerlich, dass der Schwerpunkt Informatik nach Kaiserslautern wechseln soll?
Prof. Rudolf: „Koblenz hat traditionell einen sehr starken Informatikbereich. Der muss auch stark bleiben, denn die Region braucht sehr viele Informatiker. Allein die Debeka braucht mehrere hundert Informatiker jedes Jahr. Die Compu Group, 1 & 1, alle brauchen Nachwuchs aus der Region, nur um ein paar Beispiele zu nennen. Auch hier gilt: Aus dem Risiko eine Chance machen. Hier kann die Wirtschaft zusammen mit der Wissenschaft einiges stemmen, gut zusammenarbeiten und sich gegenseitig stärken.“
Gehören Existenzgründungen auch in Ihre Überlegungen?
Prof. Rudolf: „Auf jeden Fall. Die Lebensqualität von morgen, das sind die Unternehmen, die heute gegründet werden. Unternehmen haben sehr viel mit Lebensqualität zu tun, weil gut bezahlte und interessante Jobs Wohlstand generieren. Ich denke, die Stadt könnte noch stärker in der Gründungsszene verankert werden und die Hochschulen können hier wirklich einen guten Beitrag leisten.
Wir könnten noch stärker in der Gründung aktiv werden, denn wir haben den engen Kontakt zu den Gründern, bevor sie etwas gründen und müssen sie unterstützen, emotional an die Region binden, damit sie erst gar nicht abwandern. Gerade die WHU, aber auch die anderen Hochschulen haben eine beeindruckende Gründungs-Historie.
Wir sehen es in der Region Mainz, wie sehr es sich auszahlen kann, wenn Unternehmen in der Region gegründet werden. Allein, wenn pro Startup ein-, zweihundert Arbeitsplätze geschaffen werden, dann ist die Region reicher geworden.“
Wie kam es, dass Sie seit diesem Jahr mit Gastgeber des Wirtschaftsempfangs sind?
Prof. Rudolf: „Diese Veranstaltung richtet sich ja an die Vertreter der Wirtschaft. Also die Menschen, die wir als Wirtschafts- und Wissensallianz zusammenbringen möchten. Wir denken, wenn die Akteure sich persönlich kennenlernen, dann kommen sie auch auf die Idee etwas gemeinsam zu machen. Das wollen wir aktiv unterstützen. Mittelfristig ist es unser Ziel, mehr Benefit aus diesem Empfang für die Region mitzunehmen. Wir können unser eigenes Netzwerk mit einbringen, auch einen Finanzierungsbeitrag leisten oder auch mit interessanten Rednern aushelfen. Wir möchten uns auf jeden Fall engagieren, wie genau steht aber noch nicht fest.“