Zimmerer auf der Walz fallen in ihrer traditionellen Kluft, ausgestattet mit Wanderstab und Kleiderbündel sofort auf. Sie erhalten eine Tradition am Leben, die es seit dem Mittelalter gibt. Sie gilt bis heute als eine besondere Möglichkeit, das Können im Zimmerer-Handwerk nach dem Abschluss der Lehre zu perfektionieren und sich dabei nicht nur fachlich, sondern auch persönlich weiterzuentwickeln. Regelmäßig klopfen Wandergesellen auch in der Verwaltung der Handwerkskammer Koblenz (siehe Bild) an die Tür und dann mit ihrem „Stenz“ kräftig auf den Boden, denn die HwK unterstützt sie mit einem kleinen Salär und bescheinigt den Besuch in ihrem Wanderbuch. So ist es Brauch- und Bräuche gibt es rund um die Walz viele.
Hier ist ein kleiner Überblick:
Die Walz muss mindestens drei Jahre und einen Tag dauern. In dieser Zeit dürfen sich die Zimmerergesellen ihrem Heimatort nicht näher als 50 Kilometer nähern und auf der Walz müssen sie unabhängig leben. Sie dürfen also keine öffentlichen Verkehrsmittel oder Mobiltelefone nutzen, müssen zu Fuß oder per Anhalter reisen, dürfen kein eigenes Geld mit sich führen, sondern müssen den Lebensunterhalt durch ihre Arbeit unterwegs verdienen. Zimmerer auf der Walz sind verpflichtet, das besagte „Wanderbuch“ zu führen. Dort halten sie berufliche und persönliche Erlebnisse fest. Außerdem sammeln sie darin Stempel und Empfehlungen von Betrieben, für die sie arbeiten. Das Wanderbuch dokumentiert so als wertvolles Dokument die Fähigkeiten und beruflichen Stationen des Besitzers. Außerdem verpflichten sich die Gesellen auf der Walz zu Ehrbarkeit, Achtung vor der Ehre der Mitmenschen und Gewaltlosigkeit. Auch die traditionelle Tracht ist vorgegeben und steckt voller Symbole:

Der „Stenz“, ein Wanderstab, symbolisiert die Zugehörigkeit zur Handwerkerzunft und dient als Werkzeug.
Auch der schwarze Zimmermannshut repräsentiert den Beruf, Stolz und Fachwissen sowie Zugehörigkeit zur Zunft.
Die Zunfthose mit ihrem großen Schlag dient der Sicherheit bei der Arbeit, denn der Schlag verhindert, dass Späne oder Nägel in die Schuhe gelangen.
Das „Charlottenburger“ ist ein zum Bündel gebundenes Stofftuch. Was der Zimmerer mit sich tragen will, muss dort hineinpassen.
Als Schmuck ist nur ein Ohrring erlaubt, der zumindest laut alter - Tradition ins Ohr genagelt wird. Übrigens: Früher wurde dem Wandergesellen bei unehrbarem Verhalten dieser Ohrring herausgerissen. Er galt fortan als „Schlitzohr“.
Auch die Knöpfe sind Symbole:
Acht Knöpfe an der Weste stehen für täglich acht Stunden Arbeit. Je drei Manschettenknöpfe stehen für drei Jahre Wanderschaft. Sechs Knöpfe auf der Jacke symbolisieren die sechs-Tage-Woche.
Insgesamt ist die Walz im Handwerk hoch angesehen als praktisches Studium, das den Gesellen hilft, berufliche Fertigkeiten zu vertiefen und wertvolle Lebenserfahrungen zu sammeln. Die HwK-Koblenz freut sich auf jeden Besuch von Wandergesellen, wünscht „weiterhin eine fixe Tippelei!“ und eine glückliche Heimkehr, bei der dann traditionell über das Ortsschild der Heimatgemeinde geklettert wird.
Weitere Bräuche im Handwerk
In vielen Gewerken gibt es Bräuche, die oft seit Jahrhunderten weitergegeben werden und die die Zugehörigkeit zum jeweiligen Gewerk unterstreichen.
Gautschen (Bilder oben): Der frischgebackene Druckergeselle wird mit Wasser übergossen oder untergetaucht, um seinen„Neuanfang“ im Handwerk symbolisch zu feiern. Oft findet das Gautschen als „öffentliches Baden“ mit Kollegen und Freunden statt.
Zimmererklatsch: Ein traditionelles Ritual der Zimmerer, das bei festlichen Anlässen - so beim Richtfest oder der Freisprechung - durchgeführt wird. Es handelt sich um rhythmisches Klatschen, das mit bestimmten Handbewegungen und Symbolen verbunden ist.
Gesellenstück: Handwerkliches Kunstwerk oder spezifische Arbeit zum Abschluss der Ausbildung. Es wird der Prüfungskommission präsentiert und dient als Beweis der erlernten Fertigkeiten.