Bad Kreuznach: Mehr Leben wagen

Der Bärenbacher Malerbetrieb Schinkel ist seit 125 Jahren aktiv. Inhaber und Meister Sven Schinkel verliert dabei nie das Wesentliche aus dem Blick.

21. Mai 2025

Werbung macht er nur selten und hat er genaugenommen auch kaum nötig. Die Menschen im Kreis Bad Kreuznach kennen ihren „Maler Schinkel“, das Unternehmen, das heute aus Meister Sven Schinkel und einem Auszubildenden besteht. Aufträge erhält er meist auf dem ganz kurzen, nachbarschaftlichen Dienstweg: „Ein kurzer Anruf, die Leute sagen, was ich machen soll und fragen: wann haste' Zeit dafür?“, berichtet der 52-Jährige, der mit seiner Frau und jüngsten Tochter, drei Hunden und einer Katze im beschaulichen Wohngebiet Kampen in Bärenbach wohnt.

Sein Malerfachbetrieb ist auf den Tag genauso alt wie die Handwerkskammer Koblenz, wurde also am 1. Januar 1900 gegründet. Sven Schinkel ist die vierte Generation, die das Unternehmen führt. Dass er nicht, wie in früheren Zeiten, zehn Mitarbeiter hat und Aufträge bis ins Rhein-Main-Gebiet übernimmt, hat einen sehr gesunden Grund: „Ich will noch was vom Leben haben und von meiner Familie. Das habe ich ganz bewusst entschieden und genau so fühlt sich das Leben viel besser und wertvoller an als früher.“ Früher hat er jedes Wochenende im Büro verbracht, die Buchhaltung gemacht, war unter der Woche Hunderte von Kilometern unterwegs, um zu seinen Baustellen zu kommen. Auch die größere Belegschaft bedeutete mehr Arbeit.

Das will Sven Schinkel nicht mehr. Er hat eine Balance gefunden, um von seinen Aufträgen „zwar nicht reich zu werden, aber so zu leben, wie wir uns das vorstellen“. Dazu gehört, dass er mit seiner Familie gern reist, dass er Zeit hat für Hundespaziergänge, die sich im Laufe eines Monats auf bis zu 400 Kilometer summieren und dass er seiner Leidenschaft für den 1. FC Kaiserslautern, für den er seit der Kindheit Dauerkarten hat, besser frönen kann als früher. Dazu kommt, dass sich der Familienvater germ sozial engagiert. So beteiligt er sich regelmäßig am 24-Stunden-Spendenmarsch für kranke Kinder, unterstützt gemeinnützige Einrichtungen und setzt sich im Tierschutz ein. „Mir ist es wichtig, der Gesellschaft etwas zurückzugeben. Ich bin dankbar dafür, dass es meiner Familie und mir gut geht. Da ist es für mich selbstverständlich, anderen zu helfen.“

Sein Arbeitsleben und das Handwerk liebt er gleichzeitig schon immer sehr. Für ihn hätte es nie eine andere Wahl gegeben als nach der Schule in die Fußstapfen seines Vaters zu treten, von dem er das Unternehmen im Jahr 2008 übernahm. Die Übernahme ging leicht, der Vater mischte sich im Anschluss nicht ein, sondern unterstützte nur beratend. Außerdem stellt er bis heute in seinem Wohnort Kirn seine Halle für die Ausrüstung des Betriebs zur Verfügung. Dort holen sich Sven Schinkel und sein Azubi, was sie für die jeweiligen Aufträge brauchen. Die reichen vom Verputzen über Fassadengestaltung bis zu Trockenbau und Bodenverlegung. Der Auszubildende ist dabei fester Bestandteil des Unternehmens, so Schinkel. In seinem Betrieb sei immer ausgebildet worden „und das soll auch so bleiben, solange ich Bewerbungen bekomme, was leider in letzter Zeit immer weniger wird.“ Deshalb ist sein größter Wunsch für das Handwerk, dass die Jugend „in Zukunft wieder mehr Interesse am Handwerk hat“.

Kontakt:
Maler Schinkel
Tel. 06784 903 448
www.maler-schinkel.de


Jahr 1950

Die Jahre des Wiederaufbaus

Die ausgebombte Jesuitengasse steht beispielhaft für die Zerstörungen in Koblenz.
Die ausgebombte Jesuitengasse steht beispielhaft für die Zerstörungen in Koblenz.

Nach Kriegsende waren von den ursprünglich in Koblenz existierenden 25.635 Wohnungen noch gerade 10.000 bewohnbar, die - zum Teil stark beschädigt - wenigstens ein Dach über dem Kopf boten. Nur 1.500 Wohnungen hatte der Bombenkrieg verschont. Auch das Kammergebäude in der Rizzastraẞe war komplett zerstört und wurde Anfang der 1950er Jahre von Grund auf neu gebaut. Die Zentrale im Friedrich-Ebert-Ring war zu 65 Prozent beschädigt, konnte aber 1950 wieder ihren vollen Betrieb aufnehmen. Koblenz war zu diesem Zeitpunkt noch Sitz der rheinland-pfälzischen Landesregierung. Zur Vollversammlung informierte Hauptgeschäftsführer Rudolf Camphausen am 20. April 1950 die Mitglieder über 24.526 Mitgliedsbetriebe, was einem Plus von rund 400 Betrieben in den ersten vier Monaten des Jahres entspricht. In ihnen arbeiten mehr als 60.000 Beschäftigte und werden 12.000 Lehrlinge ausgebildet. 380 Millionen Mark Gesamtumsatz werden durch das Handwerk im nördlichen Rheinland-Pfalz erwirtschaftet. Im Kammerbezirk gibt es außerdem 328 Innungen. Vorausgegangen war eine Entscheidung des Handwerks, die Pflichtmitgliedschaft in Innungen ins neue Handwerksrecht aufzunehmen. 1950 werden bundesweit 886.500 Unternehmen mit rund 3 Millionen Beschäftigten gezählt, die ein Vollhandwerk ausüben.

Meisterkurse wurden 1950 unter anderem im Gerber-, Handschuhmacher-, Vulkaniseur- oder Buchbinderhandwerk bei der HwK Koblenz durchgeführt.

Im Gegensatz zu den Handwerkskammern Trier und Kaiserslautern verlegte die Koblenzer Kammer ihre Feier zum 50. Jubiläum auf das Jahr 1951. Die Handwerkskammer Rheinhessen mit Sitz in Mainz war erst 1945 gegründet worden und damit die jüngste Kammer im Land.

Und so wurde erst am 17. Februar 1951 mit Verspätung das 50-jährige Bestehen der Handwerkskammer Koblenz im Koblenzer Stadttheater gefeiert. Festredner war Ministerpräsident Peter Altmeier, der das halbe Jahrhundert mit seinen zwei Weltkriegen, Besatzungszeiten und einer Weltwirtschaftskrise in den richtigen Kontext setzte, dabei das Handwerk herausstellte als unermüdlichen Motor für Wirtschaftskraft und Wiederaufbau.

Für Stehvermögen sprechen auch die Zahlen einer Handwerkszählung zum Jahreswechsel 1950: von den rund 865.000 Handwerksbetrieben Westdeutschlands bestehen 50.000 länger als 100 Jahre und 150.000 mehr als 50 Jahre. Als wirtschaftliche Störfaktoren werden durch das Koblenzer Handwerk Steuerüberlastungen, Kreditrestriktionen gegenüber Handwerksbetrieben und eine zunehmende Geldknappheit genannt.