Die kranken Häuser – Medizinische Versorgung in der Krise

Im Gespräch mit Hendrik Weinz, Verwaltungsdirektor des Klinikums Idar-Oberstein

26. Juni 2022
Die kranken Häuser – Medizinische Versorgung in der Krise

Der Arbeitsplatz von Hendrik Weinz ist zwar nicht direkt am Patienten, sein Job stellt dennoch sicher, dass Menschen, die im Klinikum Idar-Oberstein Hilfe suchen, sie auch bekommen. In den letzten Jahren ist diese Aufgabe jedoch immer schwieriger geworden. Wie ist die Sicht eines Verwaltungsdirektors auf den Klinikalltag? Wir sprachen mit Hendrik Weinz.

rz-Media: Wie stehen sie zum Thema Gesundheit?

Hendrik Weinz: Ich selbst bin überzeugt, dass jeder in der Lage ist, einen guten Teil zum Erhalt der Leistungsfähigkeit unseres Gesundheitssystems beizutragen. Damit meine ich, dass Eigenverantwortung immer eine große Rolle spielen muss.

rz-Media: Aber es geht doch um erkrankte Menschen, oder?

Weinz: Ja selbstverständlich. Wir haben einen Versorgungsauftrag, den wir sehr ernst nehmen und für den wir da sind, ich spreche davon, dass wir aber mehr denn je das Thema Prävention in den Fokus rücken müssen. Menschen, die auf ihre Gesundheit achten, brauchen uns nicht. Diese Patienten sind uns die liebsten! *lacht

rz-Media: Die Zeiten sind für Dienstleister im Gesundheitswesen nicht leichter geworden...

Weinz: Nein, wirklich nicht. Ich will keine Katastrophenstimmung verbreiten, aber die Herausforderungen sind nicht weniger geworden. Wir haben mit einem massiven Fachkräftemangel zu kämpfen und die Finanzierung der medizinischen Versorgung ist komplex und folgt nicht immer den in unseren Augen sinnvollsten Wegen.

Die kranken Häuser – Medizinische Versorgung in der Krise-2

rz-Media: Das klingt schwierig, können sie das näher erklären?

Weinz: Wir haben die Aufgabe erhalten, die medizinische Versorgung sicherzustellen. Um das zu tun, bedarf es ausgebildeten Personals und moderner Arbeitsmaterialien, denn unsere Patienten sollen ja die bestmögliche Versorgung erhalten. Das alles ist natürlich mit hohen Kosten verbunden, die wir irgendwie erwirtschaften müssen. Leistungserbringung, Weiterentwicklung, Innovationen, das alles muss irgendwie finanziert werden. Grob gesagt teilen sich das Krankenkassen (für die medizinischen und pflegerischen Leistungen) und das Land (Investitionszuschüsse). Jetzt greifen beide sehr tief in unsere Arbeit ein und beschließen, wie wir abrechnen, wie viel wir abrechnen und werten sogar bereits erbrachte Leistungen noch einmal ab. Damit wird die wirtschaftliche Führung eines Unternehmens wie eine Klinik nicht einfacher.

rz-Media: Das bedeutet, Planung ist schwierig?

Weinz: Natürlich wird von uns erwartet - und das zu Recht - das wir sowohl unsere Mitarbeiter als auch unsere Gerätschaften immer auf dem neuesten Stand halten. Das in Zeiten, in denen die Budgetverhandlungen jedes Jahr herausfordernder werden, zu schaffen, ist nicht leicht.

Die kranken Häuser – Medizinische Versorgung in der Krise-3
Foto: SHG Klinikum Idar-Oberstein

rz-Media: Aber es gelingt?

Weinz: Ja. Wir haben in unseren 19 Fachabteilungen so engagierte Menschen, die ihren Job nicht nur als Beruf, sondern als Berufung verstehen. Gemeinsam stellen wir sicher, dass die Menschen in der Region sicher versorgt werden, wenn es notwendig wird.

rz-Media: Wie sieht die Zukunft der Kliniken aus?

Weinz: Ich denke, angesichts der Strukturvorgaben, die uns gemacht werden, wird es noch eine weitere Bereinigung der Krankenhauslandschaft geben. Da werden kleine Häuser nicht mithalten können und die Versorgung wird sich auf große Zentren konzentrieren. Die „Ambulantisierung“ wird voranschreiten, will heißen, mehr und mehr Eingriffe werden ambulant vorgenommen. Wir werden uns dabei stetig neu ausrichten und weiterentwickeln.

rz-Media: Wenn Sie einen Wunsch frei hätten...?

Weinz: Würde ich mir wünschen, dass sich mehr Menschen für Berufe in der Pflege interessieren würden.