Die Phase des jungen Erwachsenenalters ist mitunter schwierig und durch Konflikte belastet. Treten dazu noch psychische Erkrankungen auf, können diese chronisch werden, wenn sie nicht behandelt werden. Das ist vor allem auch deshalb entscheidend, weil 50 Prozent aller psychischen Störungen vor dem 20sten Lebensjahr beginnen. Gleichzeitig behindern sie wichtige Reifungsschritte auf dem Weg ins Erwachsenenalter.
Das multiprofessionelle Stationskonzept der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik zielt auf eine Verbesserung des Selbstbildes der jungen Patient:innen und will sie in ihrer Selbstregulation unterstützen. Dabei geht es unter anderem um die Fähigkeit, ihre Gefühle und Stimmungen so zu steuern, dass sie ihre selbst gesetzten Ziele verwirklichen können. Dadurch werden ihre Sozialkompetenz, also der Umgang mit eigenen Gefühlen und die Beziehungsfähigkeit zu anderen Menschen weiterentwickelt und eine Stärkung der Identität im Spannungsfeld von Abhängigkeits- und Autonomiekonflikten angestrebt. Sie erhalten Unterstützung, um ein stabiles Selbstwertgefühl und Eigenständigkeit aufzubauen.
„Wir behandeln auf der Station vorrangig Patient: innen mit affektiven Erkrankungen, wie Depressionen, aber auch Persönlichkeitsstörungen, beispielsweise Borderline-Erkrankung, zum Teil mit Trauma assoziierten Symptomen. Viele dieser Patient:innen zeigen Störungen ihrer Beziehungsregulation: Misstrauen, Angst, Selbstunsicherheit und Wut erschweren die Wahrnehmung des anderen Menschen; Idealisierung und Abwertung von Bezugspersonen oder häufige Beziehungsabbrüche belasten die sozialen Kontakte", erklärt Dr. Gerken.
Die Behandlung erfolgt multimodal, basierend auf einem tiefenpsychologisch fundierten Verständnis. Es kommen verhaltenstherapeutische sowie edukative, das Krankheitsverständnis verbessernde und stabilisierende therapeutische Elemente zum Einsatz. Auf der Station wird gezielt die Fähigkeit der Patient:innen gefördert, zu ,,mentalisieren", also innere Zustände, Gedanken, Gefühle, Wünsche und Bedürfnisse bei sich und anderen wahrzunehmen und zu verstehen. Zusätzlich kommen medikamentöse und auch ganzheitlich orientierte Therapien zum Einsatz.
„Die therapeutische Haltung unseres Teams ist von einer akzeptierenden Grundeinstellung geprägt. Damit wollen wir den Patient:innen eine sichere Basis für die Behandlung geben. Die Therapie umfasst psychiatrisch-psychotherapeutische, pflegerische und kreativtherapeutische Angebote wie Einzel- und Gruppentherapie, Bezugspflege, Ausdruckstherapie, Kunsttherapie, Ergotherapie, Stabilisierungs- und Achtsamkeitsübungen, Qi Gong und Aromatherapie. Falls nötig kommen auch trauma- beziehungsweise essstörungskonzeptionelle Therapiebausteine hinzu", so der Oberarzt.
Die Einzeltherapeut:innen begleiten ihre Patient: innen während der gesamten Therapie. Nach dem Aufbau einer tragfähigen therapeutischen Beziehung geht es dann um die Stabilisierung und Entaktualisierung der zur Aufnahme geführten Belastungsfaktoren; gemeinsam werden Themen für die therapeutische Arbeit festgelegt und fokussiert. Mitunter wird auch eine vertiefende Diagnostik zur besseren Einordnung komplexer Krankheitsbilder erforderlich.
Der Gruppenarbeit kommt besondere Bedeutung zu: Hier werden die eigene Position und das Verhalten im sozialen Gefüge deutlich und können überdacht werden. Individuelle Erfahrungen aus anderen Gruppenkontexten, wie zum Beispiel aus der eigenen Familie oder Peergruppen können einer Bearbeitung zugänglich gemacht werden.
Bei der Bewältigung ausbildungsbezogener, schulischer, beruflicher oder sozialer Probleme, die zurzeit Corona bedingt noch verstärkt wirksam werden, versucht der Sozialdienst des St. Antonius Hilfestellung zu geben. Zudem arbeitet die Station eng mit der Tagesklinik in Neuwied sowie mit ambulant tätigen Hausärzt:innen, Fachärzt:innen und Psychotherapeut:innen zusammen. So wird versucht, den sozialen und therapeutischen Empfangsraum nach der stationären Behandlung bestmöglich vorzubereiten.
Die Behandlungsdauer wird in Absprache mit unseren Patient:innen und in Abstimmung mit dem Behandlungsteam indikations- und ressourcenorientiert festgelegt und umfasst in der Regel mehrere Wochen.
Die Aufnahme zur stationären Behandlung erfolgt auf Einweisung eines niedergelassenen Hausarztes, Facharztes oder eines niedergelassenen Psychotherapeuten.