„Oeffentliche Anzeiger“: Ein Abschied, der eine Ära prägt

Der Wandel von Pferdsfeld nach dem Abzug der Bundeswehr

29. Dezember 2023
„Oeffentliche Anzeiger“: Ein Abschied, der eine Ära prägt

Von der Bundeswehr 1997 verlassen und danach von der Triwo Unternehmensgruppe erworben: der ehemalige Flugplatz. Das Bild zeigt einen Teil der Liegenschaft, rechts oben ein Stück der drei Kilometer langen Start- und Landebahn, die seitdem als Testrecke genutzt wird. Foto: Archiv Monika Kirschner

Am 4. Juli 1997 stand es im „Oeffentlichen Anzeiger“ geschrieben: „Die Bundeswehr geht: Fly Out. Endlich Ruhe, sagen die einen, Grabesstille, orakeln die anderen.“ Diese Worte markieren ein bedeutendes Kapitel in der Geschichte von Pferdsfeld und Bad Sobernheim, das am Vortag mit der offiziellen Verabschiedung des in Pferdsfeld stationierten Jagdgeschwaders 73 nach Rostock-Laage in Mecklenburg-Vorpommern seinen Abschluss fand. 36 Jahre lang war das Geschwader hier stationiert, und der „Oeffentliche Anzeiger“ hat diese Zeit mit großer Sorgfalt begleitet.

Zurückblickend auf die Anfänge, war es der 11. November 1961, als das Jagdgeschwader 73 auf dem Fliegerhorst Pferdsfeld feierlich in Dienst gestellt wurde. Mit der Landung der ersten Phantom F-4 F im Juni 1975 begann eine neue Ära, die von markanten Ereignissen wie dem Großen Zapfenstreich 1984 oder dem traditionellen Haxenessen 1989, bei dem der Fall der DDR-Mauer verkündet wurde, geprägt war.

Die größten Auswirkungen der Bundeswehr auf das Leben der Menschen in der Naheregion waren zweifelsohne während der Stationierung der Phantom in den 1970er-Jahren zu spüren. Der ohrenbetäubende Lärm und die Erschütterungen führten zu einer Lärmschutzkommission, die schließlich 1976 die Umsiedlung der Bewohner von Pferdsfeld und Eckweiler empfahl. Diese Umsiedlungen fanden in den darauffolgenden Jahren statt, wobei sogar ganze Dörfer wie Pferdsfeld und Eckweiler abgerissen wurden.

Mit dem Ende des Kalten Krieges begannen Veränderungen, die in der Ankündigung gipfelten, dass das Geschwader nach Falkenberg und später nach Laage verlegt werden sollte. Dies führte zu einer emotionalen Reaktion in der Bevölkerung, die nun um den Verlust von Kaufkraft und Arbeitsplätzen trauerte.

Nach dem Abzug der Bundeswehr im Jahr 1997 stellten sich zahlreiche Fragen zur zukünftigen Nutzung des Flugplatzes und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze. Einige ambitionierte Projekte wie ein virtueller Freizeitpark oder ein Outdoorcamp für gestresste Manager wurden diskutiert, aber keines dieser Vorhaben konnte realisiert werden.

Erst mit dem Erwerb des Areals durch das Unternehmen Triwo im Jahr 2003 begann eine neue Ära. Die Ansiedlung kleinerer Betriebe und das Einrichten eines Test- und Eventzentrums durch die Adam Opel AG brachten neue Impulse. Heute sind auf dem ehemaligen Flugplatzgelände 27 Betriebe angesiedelt, und auf dem Kasernengelände Dörndich sind es weitere vier. Die Arbeitsplatzzahl liegt bei rund 300, weit entfernt von den einstigen 2000.

Die Geschichte von Pferdsfeld und Bad Sobernheim nach dem Abzug der Bundeswehr ist eine Geschichte des Wandels, der Hoffnungen und der Erwartungen. Es ist ruhiger geworden, aber von Grabesstille kann keine Rede sein. Der Wandel dieser Region und ihrer Menschen geht weiter, ein Spiegelbild der sich ständig verändernden Welt.

Flugplatz Pferdsfeld Chronik

1939: erstmalige Nutzung als Militärflugplatz.
1951: Der Flugplatz wird von Franzosen beschlagnahmt.
1957: Übergabe des Platzes an US-Luftwaffe.
1961: Bundeswehr-Jagdgeschwader 73 kommt aus Oldenburg.
1992: Das Militärgelände soll aufgegeben werden.
1993: Widerspruch gegen eine Sondermülldeponie.
1995: Die Kommunale Entwicklungsgesellschaft Rheinland-Pfalz (KERP) will die Entwicklung vorantreiben.
August 1995: Ein „Japanpark“ ist im Gespräch.
November 1995: Ein privater Investor plant ein Golfzentrum für 30 Millionen Mark. Im Juni 1997 platzen diese Pläne.
Dezember 1995: Die Regionalversorgung RNK schlägt eine 500-Kilowatt-Windanlage vor.
April 1996: Eine Hotelkette zeigt Interesse am Gelände.
Januar 1997: Planungsverband Flugplatz Pferdsfeld mit Ippenschied, Rehbach, Bad Sobernheim wird gegründet.
1. Juli 1997: Fly-out des Jagdgeschwaders 73.
November 1997: Standortverwaltung übergibt an das Bundesvermögensamt: Keine nennenswerten Altlasten.
Januar 1998: Agrar Service siedelt als erstes Unternehmen an, die Firma Sobernheimer Rohstoff-Kontor (SRK) kommt hinzu.
Januar 1998: Die Konversionsbeauftragte Anne Kraft nimmt ihre Arbeit in der Verwaltung auf.
April 1998: Fly-out für den SAR-Hubschrauber.
April 1998: Heimstätte legt Konzept für Pferdsfeld vor.
November 1998: Alugas investiert auf dem Flugplatz.
Januar 1999: Opel will die Landebahn als Teststrecke.
Januar 1999: Virtueller Freizeitpark im Gespräch.
2003: Erwerb der Liegenschaft durch Triwo AG, Ausweisung als Industriegebiet und Nutzung der ehemalige Flächen zur Fahrzeugerprobung durch Opel AG.
2015: Betrieb der ehemaligen Start- und Landebahn als herstellerunabhängiges Testzentrum für Kraftfahrzeuge.