Immer mehr Unternehmen in Deutschland suchen gezielt nach Fachkräften mit KI-Kompetenzen – doch der Boom steckt noch in den Kinderschuhen. Seit ChatGPT Ende 2022 die Weltbühne betreten hat, ist der Begriff „generative KI“ in aller Munde. Was anfangs als technologische Spielerei erschien, entwickelt sich inzwischen zum ernstzunehmenden Treiber der digitalen Transformation – auch in der deutschen Wirtschaft. Immer mehr Unternehmen erkennen das Potenzial von Künstlicher Intelligenz, die eigenständig Texte, Bilder, Programmiercodes oder sogar Videos erstellen kann.
Laut dem neuen Kurzbericht des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) ist die Zahl der Online-Stellenanzeigen, in denen generative KI-Kompetenzen gefordert werden, innerhalb eines Jahres nahezu verdreifacht worden – von rund 6.000 im Jahr 2023 auf 18.000 im Jahr 2024. Zwar liegt der Anteil solcher Stellen gemessen am Gesamtmarkt mit 0,18 Prozent noch niedrig, doch der Trend ist eindeutig: Generative KI wird zur Schlüsselkompetenz der Zukunft.
Kl verändert die Berufsbilder
In zwei Dritteln der KI-bezogenen Stellenanzeigen geht es um Anwendungen zur Textgenerierung – also um Tools, mit denen beispielsweise Berichte, Werbetexte oder Zusammenfassungen automatisiert erstellt werden können. Anwendungen zur Code-Generierung (sieben?Prozent) oder Bilderstellung (sechs?Prozent) spielen bisher eine untergeordnete Rolle. Dennoch zeigt sich die Relevanz in einer Vielzahl von Branchen: Informatikberufe machen rund ein Drittel der Ausschreibungen aus. Doch auch Marketing, Unternehmensorganisation und Forschung ziehen nach – mit wachsendem Bedarf an Prompt Engineering, Datenkompetenz und KI-gestützter Prozessoptimierung.
Auffällig: Ein erheblicher Teil der KI-Stellen entfällt auf Praktika oder Werkstudierendenstellen. Das deutet darauf hin, dass viele Unternehmen die Technologie zunächst testen – pragmatisch, kostengünstig und mit befristetem Personal. „Generative KI ist für viele Unternehmen Neuland. Die Einstiegshürden sind niedrig, der Bedarf an fundierter Kompetenz aber hoch“, so die Autoren der IW-Studie, Jan Büchel und Jan Engler.
Chancen und Pflichten
Mit der Einführung der EU-KI-Verordnung im Februar 2025 kommt zudem neue regulatorische Verantwortung auf die Unternehmen zu. Wer KI-Anwendungen nutzt, muss künftig sicherstellen, dass Beschäftigte ausreichend qualifiziert sind. Wie das konkret überprüft wird, ist zwar noch unklar – doch der Handlungsdruck steigt.
Dabei reicht es nicht, Tools wie ChatGPT einfach nur zur Verfügung zu stellen. Die IW-Studie warnt vor rechtlichen Risiken, wenn etwa personenbezogene Daten unbedacht eingegeben oder urheberrechtlich geschützte Inhalte verwendet werden. Auch die Frage, wer bei fehlerhaften Inhalten haftet, ist nicht trivial. Unternehmen sind gut beraten, ihre Mitarbeiter gezielt zu sensibilisieren und weiterzubilden.
Der Kl-Boom hat gerade erst begonnen
Die deutsche Wirtschaft beginnt, das Potenzial generativer KI zu erkennen – auch wenn der Boom bislang eher schrittweise verläuft. Unternehmen, die frühzeitig Kompetenzen aufbauen und KI strategisch in ihre Prozesse integrieren, können sich künftig entscheidende Wettbewerbsvorteile sichern. Gerade in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten ist Effizienz durch Technologie ein wichtiger Hebel.
Quelle: IW-Kurzbericht 39/2025 „Generative KI: Ein Wachstumstrend“ von Jan Büchel und Jan Engler, erschienen am 14. April 2025.