Starker Standort mit stillem Potenzial

Der Rhein-Lahn-Kreis überzeugt mit guter Lage, solider Wirtschaftsstruktur und hoher Lebensqualität - doch er muss seine Stärken noch besser nutzen

25. Juni 2025
Starker Standort mit stillem Potenzial

Strategisch geplant: Der Rhein-Lahn-Kreis entwickelt gezielt neue Gewerbeflächen für zukunftsorientierte Unternehmen. Foto: Maksym - stock.adobe.com

Zwischen Taunus und Westerwald, in der Nähe der Oberzentren Koblenz, Wiesbaden und Limburg gelegen, hat der Rhein-Lahn-Kreis mehr wirtschaftliche Substanz zu bieten, als viele vermuten. Hier sind über 7.900 Unternehmen aktiv – vom Handwerksbetrieb bis zum Hightech-Mittelständler. Doch trotz dieser Vielfalt bleibt der Kreis in der öffentlichen Wahrnehmung oft unter dem Radar. Dabei sprechen Zahlen und Entwicklungen eine klare Sprache: Der Rhein-Lahn-Kreis ist wirtschaftlich stabil, gut vernetzt und bietet attraktive Perspektiven für Beschäftigte und Investoren. Die Frage ist nur: Wie lässt sich aus solidem Fundament auch spürbare Dynamik entwickeln?

Der Rhein-Lahn-Kreis liegt strategisch günstig – mittendrin im nördlichen Rheinland-Pfalz. Eine gute Ausgangslage für wirtschaftliches Wachstum, von der zahlreiche Betriebe profitieren. Mit rund 125.600 Einwohnern (Stand: 31.12.2024) und 137 Ortsgemeinden auf 782 Quadratkilometern ist der Kreis ländlich geprägt, doch wirtschaftlich erstaunlich breit aufgestellt.

Laut aktueller Statistik sind über 7.900 Unternehmen bei der Industrie- und Handelskammer registriert. Mehr als die Hälfte entfällt auf den Dienstleistungssektor, ein Viertel auf den Handel und knapp 13 Prozent auf das produzierende Gewerbe. Unternehmen wie Leifheit, Staatlich Fachingen oder Emser Pastillen sind überregional bekannt, doch sie sind nur die Spitze eines vielfältigen Mittelstands.

Stabilität durch Vielfalt

Das wirtschaftliche Rückgrat des Kreises bilden kleine und mittlere Unternehmen. Sie sind in der Region verwurzelt, investieren langfristig und tragen maßgeblich zur Arbeitsplatzsicherung bei. Im Jahr 2023 beschäftigten die Betriebe im Kreis mehr als 33.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Die Arbeitslosenquote lag im April bei 4,4 Prozent und damit unter dem Landesdurchschnitt.

Auch die Bruttowertschöpfung kann sich sehen lassen: Im Jahr 2021 erwirtschaftete die Region 3,4 Milliarden Euro, davon entfielen gut zwei Drittel auf Dienstleistungen und knapp ein Drittel auf die Industrie. Der Dienstleistungsbereich, zu dem viele touristische Angebote, soziale Dienstleistungen, die Gesundheitswirtschaft und Unternehmensservices gehören, hat sich in den letzten Jahren besonders dynamisch entwickelt – nicht zuletzt als Folge des strukturellen Wandels im ländlichen Raum.

Stille Champions mit großer Wirkung

Zahlreiche Unternehmen agieren erfolgreich im Verborgenen – als sogenannte „Hidden Champions“. Sie produzieren Spezialgüter, beliefern Nischenmärkte oder entwickeln innovative Lösungen, etwa in den Bereichen Medizintechnik, Elektrotechnik oder Maschinenbau. Gerade diese wenig bekannten Betriebe sorgen für Stabilität und sind wichtige Arbeitgeber vor Ort.

Hinzu kommt, dass die geografische Lage den Betrieben kurze Wege zu überregionalen Märkten bietet. Die Nähe zu den Verkehrsknotenpunkten Limburg und Montabaur mit ICE-Anschluss, zur A3 sowie zu den Flughäfen Frankfurt und Köln-Bonn ist ein Standortvorteil, den viele Unternehmen zu schätzen wissen. Die Regionen um Diez, Nastätten und Lahnstein sind eng mit den umliegenden Wirtschaftsräumen verflochten.

Drei Achsen wirtschaftlicher Verflechtung

Auffällig ist die regionale Dreigliederung der wirtschaftlichen Orientierung im Kreis: Während der Bereich um Lahnstein nach Koblenz blickt, orientiert sich die Region Nastätten stark an Wiesbaden und Mainz. Der Raum Diez ist wiederum eng mit Limburg verknüpft. Diese Struktur schafft natürliche Wirtschaftsräume, die jeweils durch eigene Netzwerke und Branchenschwerpunkte geprägt sind.

Auch die neue Verbandsgemeinde Bad Ems-Nassau öffnet sich zunehmend in Richtung Westerwald. Dies ist unter anderem auf die gute Erreichbarkeit des ICE-Bahnhofs Montabaur zurückzuführen. Diese Ausrichtung stärkt die überregionale Vernetzung, die in Zeiten zunehmender Mobilität und Digitalisierung ein wichtiger Standortfaktor ist.

Attraktiv leben, erfolgreich arbeiten

Ein oft unterschätzter Aspekt ist die Lebensqualität. Der Rhein-Lahn-Kreis punktet mit einer reizvollen Naturlandschaft, UNESCO-Welterbestätten wie dem Oberen Mittelrheintal oder dem Limes, erschwinglichen Wohnkosten und einem vergleichsweise sicheren sozialen Umfeld. Gerade für Fachkräfte mit Familie ist dies ein Pluspunkt und ein Standortvorteil im Wettbewerb um Talente.

Doch mit dem attraktiven Umfeld allein lassen sich wirtschaftliche Entwicklungen nicht garantieren. Entscheidend ist, wie der Kreis seine Potenziale strategisch weiterentwickelt und sichtbar macht.

Was der Standort jetzt braucht, ist...

Trotz guter Zahlen und einer soliden Struktur fehlt es noch an Dynamik in der öffentlichen Wahrnehmung und im Standortmarketing. Unternehmerinnen und Unternehmer wünschen sich mehr Sichtbarkeit und ein klareres Profil für die Region – ein „Gesicht“ des Rhein-Lahn-Kreises, das über die Kreisgrenzen hinaus wirkt.

Auch in der Verwaltung ist mehr Unternehmergeist gefragt: schnellere Genehmigungsverfahren, eine bessere digitale Infrastruktur und mehr Offenheit für neue Entwicklungen. Denn wer auf Dauer erfolgreich sein will, muss auch in der Peripherie agil handeln.