Kaum ein deutsches Recht ist so kompliziert und konfliktträchtig wie das Erbrecht. Wenn es um die Verteilung der Habe eines Verstorbenen geht, kochen die Gemüter gerne mal hoch, kein Wunder, nach einem Todesfall sind die meisten Menschen emotional aufgewühlt. Das Erbrecht versucht, auf alle Erbsituationen eine Antwort zu haben, besonders dann, wenn der Verstorbene kein detailliertes Testament hinterlassen hat.
In den wenigsten Ausnahmefällen (wenn es nur noch einen lebenden Verwandten gibt zum Beispiel) ist die Erbfolge klar geklärt, für den Fall, dass gesetzlich mehrere Verwandte oder Freunde Anspruch auf das Erbe des Verstorbenen haben, finden sich diese plötzlich automatisch in einer Erbengemeinschaft wieder - und das zieht Rechte aber auch Pflichten nach sich.
Grundsätzlich ist gesetzlich definiert, wer Anspruch auf das Erbe hat: Kinder (auch nichtehelich oder adoptiert), Ehegatten (wenn die Ehe zum Todeszeitpunkt noch bestand), Partner einer eingetragenen Lebensgemeinschaft und die Eltem des Erblassers (sofern dieser keine Kinder hat). Diese Personen werden vom Erbe immer einen gewissen Pflichtanteil erhalten, auch in dem Fall, dass der Verstorbene diese explizit enterbt hat.
Ist nicht testamentarisch genau geklärt, wer welchen Teil des Erbes erhält, vor allen Dingen wenn es nicht um Geld geht, sondern andere Wertanlagen wie Immobilien, Fahrzeuge, Schmuck oder Kunstgegenstände, so treten alle Personen mit Erbanspruch in eine Erbengemeinschaft ein. Der Gesamtnachlass gehört dann dieser Erbengemeinschaft und muss von dieser gemeinsam verwaltet werden.
Und eben hier liegt das Konfliktpotenzial einer solchen Erbengemeinschaft. Den einzelnen Mitgliedem gehört eben nur ein Bruchteil des Gesamterbes, entsprechend können jegliche Handlungen mit dieser Erbmasse nur nach Einwilligung aller Erben geschehen. Sollen Immobilien oder Schmuck verkauft werden, müssen alle Erben damit einverstanden sein, auch wenn jeder einzelne nur beispielsweise 1/7 Anspruch auf das Erbe hat. Diese Möglichkeit, jedwede Entscheidung zu blockieren, birgt erhebliches Erpressungspotenzial, oder zumindest ein Grund für jede Menge Kopfzerbrechen.
Aber nicht nur beim Verkauf von Wertanlagen müssen sich alle Erben in einer solchen Gemeinschaft einig sein, sondern auch wenn es um Verwaltung des Nachlasses und den damit entstehenden Kosten kommt. Denn diese müssen ebenfalls zu gleichen Teilen von allen Mitgliedern der Erbengemeinschaft getragen werden. Dazu zählen Instandhaltungskosten für Immobilien und Fahrzeuge, aber auch Lagerkosten von Wertgegenständen. Für die Einleitung entsprechender Maßnahmen braucht es zwar nur eine Mehrheitsentscheidung, aber gerade wenn es um die Aufteilung der entstandenen Kosten geht, werden sich diejenigen Erben querstellen, die gegen die Maßnahmen gestimmt haben.


Den Eintritt in eine Erbengemeinschaft sucht man sich in den allermeisten Fällen nicht aus. Nach einem Todesfall kann es plötzlich sein, dass man sich in mitten einer Gruppe von Menschen befindet, die alle eine andere Meinung dazu haben, wie mit dem Nachlass eines geliebten Menschen umgegangen werden soll. In einer solchen Situation sollte man sich von Anfang klarmachen, was die eigenen Ziele sind: Möchte man die größtmögliche Bereicherung aus dem Erbfall erlangen, oder möchte man Konfliktpotenzial meiden und lieber schnell weniger erben?
Wer erahnt, dass es zukünftig Streit um die Erbmasse geben wird, der sollte so schnell wie möglich einen Anwalt einschalten, der sich auf Erbrecht spezialisiert hat. Mit diesem kann man dann seine persönlichen Ziele abklären und wie die schnellstmögliche Durchsetzung dieser zu erreichen ist. Dabei klären sich Fragen wie: Was sind meine Ziele? Was sind die Ziele der anderen Mitglieder der Erbengemeinschaft? Wie sind die anderen Mitglieder finanziell und anwaltlich aufgestellt?
Alternativ kann man versuchen, aus der Erbengemeinschaft, in die man ja sozusagen unfreiwillig eingetreten ist, wieder auszusteigen. Durch eine sogenannte Erbausschlagung kann man das Erbe ablehnen, in einigen Fällen erhält man dann eine Abfindung. Wenn die Abfindung nicht hoch genug ist, oder erst gar keine vorgesehen ist, kann man seinen Erbanteil stattdessen an die anderen Miterbenden oder sogar an Dritte veräußern. Dabei wird nicht etwa ein physischer Teil des Erbes (ein Teil des Schmucks oder ein Viertel des Hauses) verkauft, sondern schlicht der prozentuale Anteil am Erbe und der Käufer ist hat nun entweder einen größeren Teil am Erbe (wenn er bereits Miterbe ist) oder tritt ebenfalls in die Erbengemeinschaft an.
Grundsätzlich sollte das Ziel einer Erbengemeinschaft sein, sie durch die sogenannte Auseinandersetzung aufzulösen. Je mehr Teilerben beteiligt sind, desto aufwendiger und anstrengender werden die Verwaltung und letztlich auch die Liquidierung der Erbmasse. Solange also kein explizites Teilungsverbot durch den Erblasser besteht, sollten alle Mitglieder der Erbengemeinschaft zusammenkommen und klären, wem welcher Teil des Erbes gehört, oder aber die Liquidierung, sprich den Verkauf der Erbmasse anstreben, um dann den Erlös gerecht zu verteilen. red