Auf mehreren Tischen sind die Bücher im Nebenraum des Café Auszeit neben der Marktkirche noch bis zum 23. Februar ausgestellt. Die Ausstellung ist jeweils von Sonntags bis Freitags von 14:30 bis 17:30 geöffnet. Der Eintritt ist frei, Spenden sind willkommen.
Darunter befindet sich etwa der „Codex purpureus Rossenensis“ – wie die Bezeichnung schon erahnen lässt, erscheinen die Lettern in Purpur – als das Buch im 6. Jahrhundert in Syrien hergestellt wurde, war das ein extrem seltener Rohstoff. Noch älter ist der ebenfalls ausgestellte „Codex Sinaiticus“. Bei einer seiner Forschungsreisen entdeckte der deutsche Theologe Konstantin von Tischendorf das Werk in einem der weltweit ältesten christlichen Klöster auf der Halbinsel Sinai. Laut seiner Schilderung rettete der die Blätter, die schon im vierten Jahrhundert entstanden sind, im Jahr 1884 aus einem Papierkorb – die Mönche waren sich der Bedeutung anscheinend nicht bewusst.
Besonders Kurios sind winzige Bibeln, die aus Straflagern der Sowjetunion stammen: Sie bestehen aus hitzebeständigem Kunststoff – Gefangene, die in Gefahr waren, mit dem verbotenen Buch erwischt zu werden, warfen es in den Kochtopf mit heißer Suppe, um nicht erwischt zu werden. Das Buch konnte dann später gereinigt und weiterverwendet werden. Noch kleiner ist eine Bibel aus dem 19. Jahrhundert, deren Schrift selbst mit der Lupe, die zur Einfassung des Buchs gehört, kaum zu erkennen ist.
„Ich habe selbst große Freude daran, kurz vor dem Ausscheiden aus dem Amt des Pfarrers noch mal eine so schöne Ausstellung zu präsentieren,“ sagt Werner Zupp. Eine weitere Ausstellung bereitet er derzeit noch vor: Der Zahnarzt Henry Bauer aus der Neuwieder Marktstraße ist leidenschaftlicher Fotograf, und hat die Marktkirche über mehrere Jahrzehnte hinweg regelmäßig abgelichtet. Die künstlerischen Ansichten der langjährigen Wirkungsstätte von Werner Zupp werden im Frühjahr als letzte von ihm organisierte Ausstellung dort zu sehen sein, wo jetzt die Bibeln ausgestellt sind.
Ganz verzichten müssen die Neuwieder aber nicht auf den umtriebigen Pfarrer – er hat sich fest vorgenommen, von seinem neuen Domizil in der Nähe des Rheins aus auch weiterhin im Kulturausschuss der Gemeinde aktiv zu sein und sich an der Organisation von Veranstaltungen und Ausstellungen zu beteiligen.
Ein besonderes Highlight der Bibel-Ausstellung ist für ihn die alte alte Altarbibel der Marktkirche – das prächtige Buch gehörte schon zur Ausstattung der reformierten Gemeinde Neuwied. Sie war die Vorgängerin der Marktkirchengemeinde, die inzwischen gemeinsam mit der Evangelischen Friedenskirchengemeinde in Heddesdorf zur Evangelische Kirchengemeinde Neuwied verschmolzen ist. Rainer Claaßen