Brücken – ein leidiges Thema in Koblenz und Umgebung. Die Südbrücke, die Pfaffendorfer Brücke, die Lahntalbrücke, die Fußgänger- und Radfahrerbrücke, die zwischen der Bendorfer Rheinbrücke und der Anschlussstelle Koblenz-Nord die A48 quert und nicht zuletzt die Moseltalbrücke – sie alle sind nur noch unzureichend tragfähig und müssen instand gesetzt beziehungsweise abgerissen werden. Für Koblenzer, Pendler und Berufskraftfahrer ein riesiges Problem. Bei den aktuellen Instandsetzungsmaßnahmen der Südbrücke wird eine neue Technik eingesetzt, um die unsichtbaren Schäden im Innern des Betonbauwerks rechtzeitig erkennen zu können: Brückensensoren. Insgesamt 28 Feuchte- und 56 Korrosionssensoren wurden hier verarbeitet. Entwickelt von der Firma infrasolute aus Boppard in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut.
Digitale Augen schlagen Alarm
Die High-Tech-Sensoren mit einem Durchmesser von nur 10 Zentimetern werden so weit in den Beton gesetzt, dass diese oberhalb der Armierung platziert sind. Dies kann direkt beim Neubau geschehen oder auch im Bestand nachgerüstet werden. „Unsere Sensoren sind sozusagen digitale Augen, die Bauwerkschäden erkennen, bevor es zu spät ist“, beschreibt Christian Steffes, Chief Operating Officer von infrasolute, die Arbeitsweise der Sensoren allgemeinverständlich.
Doch wie arbeiten die Sensoren nun?
Die Schwachstelle von Betonstahl ist die Armierung. Sie leidet am meisten unter äußeren Umwelteinflüssen wie Feuchtigkeit, Salzen oder Temperatur. Der Stahl im Beton fängt an zu korrodieren. Dies ist mit bloßem Auge jedoch nicht sichtbar. Brückenprüfer, die regelmäßig die Bauwerke abklopfen, hören zwar Korrosionsschäden, doch dann ist das Kind meist bereits in den Brunnen gefallen und größere Instandsetzungen sind nötig. Der Sensor hingegen misst kontinuierlich die Korrosionsaktivitäten im Innern des Betonbauwerks und erkennt frühzeitig, eventuell auftretende Schäden, so dass zeitnah reagiert werden kann. „Dieses frühzeitige Erkennen bestimmt wesentlich die Kosten für zukünftige Wartung und Instandsetzung“, sagt Christian Steffes. Rechtzeitiges Agieren kann dazu beitragen, die Lebensdauer eines Bauwerks extrem zu verlängern und die Kosten durch vorausschauende Instandhaltung zu senken.
Email von der Brücke
Durch die Sensoren werden Einfluss-Parameter wie Feuchte, Korrosion und Temperatur aus dem Inneren des Betonbauwerks mittels NBIoT-Technologie an einen Server beziehungsweise eine Cloud gesendet. Für die Übertragung der Messwerte wird ein Gateway verwendet, das mittels Dauerstrom, Batterie oder Solarenergie betrieben wird. Die Sensoren können für mehr als 50 Jahre lang durch induzierte Energie von außen autark arbeiten kann. Die Daten werden sofort visualisiert und stehen den Betreibern der Bauwerke vollständig zur Verfügung. Werden Schwellenwerte über- oder unterschritten wird sofort eine Nachricht per SMS oder Email versandt mit der Info, dass unbedingt eine Kontrolle notwendig ist.
„Die Sensoren werden hauptsächlich dort eingesetzt, wo Schwachstellen auftreten könnten“, erklärt Steffes. „Das sind meistens exponierte Stellen und Tiefpunkte, wo sich zum Beispiel Wasser sammelt.“ Die Südbrücke schickt bereits regelmäßig Daten mit wichtigen Informationen. Ob die Pfaffendorfer Brücke auch online gehen wird, steht noch aus. Aber nicht nur für Brücken sind die Sensoren nützlich. Auch Windkraftanlagen, Tunnel, Hafenanlagen, Kläranlagen oder Tiefgaragen, deren Böden im Winter mit Tausalz durchnässt werden, können profitieren. „Wir haben bereits Balkone auf Sylt mit den Sensoren bestückt, wo das Meersalz für starke Korrosion sorgt“, so Steffes. „Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig.“ Petra Dettmer