Steigende Energiekosten: Was Unternehmen jetzt konkret tun können

Energieaudit, Vertragsprüfung, Eigenversorgung - praxisnahe Maßnahmen zur Senkung der Betriebskosten

20. Juni 2025
Steigende Energiekosten: Was Unternehmen jetzt konkret tun können

Photovoltaik auf Firmendächern: Eigenstromnutzung senkt Kosten und erhöht die Unabhängigkeit vom Energiemarkt. Foto: Measum - stock.adobe.com

Die Energiepreise bleiben hoch – auch wenn sich die Lage auf den Energiemärkten gegenüber den extremen Ausschlägen der letzten Jahre etwas beruhigt hat. Für viele Unternehmen, insbesondere im produzierenden Gewerbe, im Handwerk oder in der Logistik, bedeutet das: weiter steigende Betriebskosten, Planungsunsicherheit und zunehmender Wettbewerbsdruck.

Doch trotz politischer Entlastungsmaßnahmen bleibt die Verantwortung für die Energiekosten zu einem großen Teil im eigenen Haus. Wer seine Energieverbräuche kennt, Verträge regelmäßig überprüft und in Eigenversorgung investiert, kann viel bewegen – nicht erst morgen, sondern schon heute.

Schritt 1: Energieaudit - Wissen, wo die Energie bleibt

Bevor Maßnahmen ergriffen werden, braucht es Transparenz: Wo wird im Unternehmen wie viel Energie verbraucht? Welche Anlagen, Prozesse oder Standorte sind die größten Kostentreiber? Ein Energieaudit nach DIN EN 16247 liefert hier fundierte Antworten. Es analysiert die Energieflüsse im Betrieb, identifiziert Einsparpotenziale und macht Vorschläge für konkrete Verbesserungen. Für Unternehmen mit hohem Verbrauch ist das Audit verpflichtend – für kleinere Betriebe ist es eine kluge Investition in die eigene Wirtschaftlichkeit. Die Ergebnisse zeigen häufig: Schon einfache Maßnahmen wie die Optimierung von Heizzeiten, der Austausch veralteter Beleuchtungssysteme oder die bessere Steuerung von Maschinen bringen spürbare Effekte.

Schritt 2: Verträge prüfen - und nicht automatisch verlängern

Viele Unternehmen zahlen mehr für Strom und Gas als nötig – nicht, weil der Markt teuer ist, sondern weil die Verträge nicht regelmäßig angepasst werden. Gerade langjährige Verträge mit Grundversorgern oder ungünstigen Laufzeiten führen dazu, dass Einkaufsvorteile ungenutzt bleiben. Eine regelmäßige Überprüfung der Energieverträge – am besten mit externer Unterstützung – kann sich lohnen. Vergleichsportale, spezialisierte Energieberater oder Einkaufskooperationen im Mittelstand helfen dabei, bessere Konditionen zu verhandeln oder Anbieter zu wechseln.

Wichtig: Auch Netzentgelte, Lastprofile und Abnahmezeiten spielen eine Rolle. Wer seinen Verbrauch besser steuert, kann nicht nur günstiger einkaufen, sondern auch von Lastmanagement oder intelligenten Tarifen profitieren.

Schritt 3: In Eigenversorgung investieren

Immer mehr Unternehmen setzen auf eigene Energiequellen – allen voran auf Photovoltaik-Anlagen zur Stromerzeugung auf dem Dach. Der Vorteil: Die Investition amortisiert sich bei steigenden Strompreisen deutlich schneller, der Eigenverbrauch senkt die Abhängigkeit vom Markt, und durch Speicherlösungen kann der Stromverbrauch weiter optimiert werden. Auch Wärmepumpen, Blockheizkraftwerke oder Solarthermie gewinnen an Bedeutung – vor allem, wenn Fördermittel genutzt werden. Hier lohnt der Blick auf Programme von BAFA, KfW oder den Bundesländern, die Investitionen mit Zuschüssen oder zinsgünstigen Darlehen unterstützen. Ergänzend dazu bieten viele Stadtwerke inzwischen Contracting-Modelle an: Der Betrieb stellt Dachfläche oder Gelände, der Anbieter übernimmt die Technik – und der Strom wird direkt vor Ort verbraucht, ohne hohe Anfangsinvestition.

Schritt 4: Mitarbeitende einbeziehen

Energieeffizienz ist keine reine Technikfrage. Viele Einsparpotenziale entstehen durch das Verhalten der Mitarbeitenden: Licht aus, wenn niemand im Raum ist, sparsame Nutzung von Geräten, abgestimmte Heiz- und Lüftungsgewohnheiten. Klingt banal – ist aber in Summe wirkungsvoll. Energie-Workshops, kurze Infoformate oder betriebsinterne Kampagnen helfen, ein Bewusstsein zu schaffen – und Einsparmaßnahmen mitzutragen. Besonders wirksam: Wenn Teams konkrete Einsparziele definieren und Erfolge sichtbar gemacht werden.

Schritt 5: Fördermittel nutzen

Der Staat lässt Unternehmen mit der Energiewende nicht allein – doch viele Förderprogramme werden nicht ausgeschöpft. Der Grund: Sie sind unübersichtlich, beratungsintensiv und oft wenig bekannt. Dabei können Investitionen in Energieeffizienz oder Eigenversorgung mit bis zu 40 Prozent bezuschusst werden.

Ein Überblick über aktuelle Förderungen findet sich beim BAFA, bei den Landesförderbanken oder über regionale Wirtschaftsförderungen. Wer unsicher ist, kann spezialisierte Fördermittelberater oder die Kammern hinzuziehen.


Energieversorgung: Entscheidender Faktor für Standortattraktivität

Wie wichtig sind moderne Ausbildungsformate wie Azubi-Speed-Datings oder praktische Berufsorientierungsprojekte für Ihre Betriebe im Landkreis?

Moderne Ausbildungsformate wie Azubi-Speed-Datings oder praxisorientierte Berufsorientierungsprojekte sind für unsere Handwerksbetriebe im Landkreis von großer Bedeutung. Sie schaffen direkte, persönliche Begegnungen zwischen jungen Menschen und Ausbildungsbetrieben – und genau das ist es, was heute mehr denn je zählt.

Gerade das gemeinsame Azubi-Speed-Dating, das in Zusammenarbeit mit der Industrie- und Handelskammer, der Agentur für Arbeit, der Kreisverwaltung und unserer Kreishandwerkerschaft organisiert wird, hat sich als effektives Format etabliert. Es ermöglicht unkomplizierte Erstkontakte, senkt Schwellenängste und eröffnet Chancen – sowohl für Jugendliche als auch für Betriebe, die gezielt nach Auszubildenden suchen.

Ein weiteres gelungenes Beispiel für moderne Berufsorientierung sind die sogenannten „Azubispots“, die wir gemeinsam mit den Kammern und der Arbeitsagentur in unserer Region durchführen. Solche Formate bringen das Thema Ausbildung dahin, wo junge Menschen unterwegs sind – niedrigschwellig, lebendig und im direkten Austausch. Das stärkt nicht nur die Sichtbarkeit des Handwerks, sondern vermittelt auch ein realistisches Bild von den vielfältigen Möglichkeiten und Karrieren, die das Handwerk bietet.

Unsere Betriebe schätzen diese Formate sehr, denn sie ergänzen die klassischen Wege der Nachwuchsgewinnung und treffen den Nerv der Zeit. Wir setzen uns daher aktiv dafür ein, dass solche Veranstaltungen auch künftig angeboten und weiterentwickelt werden – als Baustein einer modernen, zukunftsorientierten Ausbildungsstrategie im Handwerk.

Handwerksbetriebe beklagen oft komplizierte Verwaltungsprozesse und bürokratische Hürden. Welche konkreten Verbesserungen wünschen Sie sich seitens der kommunalen Verwaltung?

Unsere Handwerksbetriebe sehen sich im Alltag immer wieder mit unnötig komplizierten Verwaltungsprozessen und bürokratischen Hürden konfrontiert. Diese belasten nicht nur zeitlich, sondern wirken sich auch direkt auf die betriebliche Effizienz aus – gerade in kleineren Betrieben, in denen Inhaberinnen und Inhaber oft selbst noch auf der Baustelle stehen.

Ein besonders praxisnaher Kritikpunkt ist die eingeschränkte Erreichbarkeit mancher kommunalen Verwaltungen. Dass Anliegen häufig nur nach vorheriger Terminvergabe – die unter Umständen mit längeren Wartezeiten verbunden sind – vorgetragen werden können, ist im Alltag eines Handwerksbetriebs schwer umsetzbar. Unsere Betriebe wünschen sich hier deutlich mehr Flexibilität, zum Beispiel in Form erweiterter Öffnungszeiten, digitaler Antragsmöglichkeiten oder wenigstens verlässlicher Ansprechzeiten ohne lange Vorlaufzeiten. Die Verwaltung muss sich hier stärker an den Bedürfnissen der regionalen Wirtschaft orientieren.

Ein weiterer zentraler Punkt betrifft die Bearbeitungsdauer von Bauanträgen. Aus Sicht des Handwerks ist es dringend notwendig, dass diese Verfahren deutlich beschleunigt werden. Lange Bearbeitungszeiten verzögern nicht nur Projekte, sondern wirken sich auch auf Beschäftigung und Ausbildungsplanung aus. Schnelligkeit und Verlässlichkeit bei Genehmigungen sind entscheidend für ein funktionierendes regionales Bau- und Ausbaugewerbe.

Wir wünschen uns daher eine modernere, serviceorientierte Verwaltung, die digitale Möglichkeiten besser nutzt, Prozesse entschlackt und den Dialog mit dem Handwerk sucht. Denn nur durch ein gutes Zusammenspiel zwischen Wirtschaft und Verwaltung kann die Region zukunftsfähig bleiben.

Können Sie positive Beispiele nennen, bei denen die Zusammenarbeit zwischen Handwerk und Behörden besonders gut funktioniert hat?

Ja, es gibt im Kreisgebiet durchaus positive Beispiele für eine konstruktive und partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Handwerk und Behörden – und diese möchten wir ausdrücklich hervorheben.

Ein besonders wichtiger Bereich ist der gemeinsame Einsatz gegen illegale Handwerksausübung und Schwarzarbeit. Hier erfahren wir seitens mehrerer Verbandsgemeinden im Kreisgebiet tatkräftige Unterstützung. Dieses gemeinsame Vorgehen ist essenziell, um faire Wettbewerbsbedingungen für unsere Betriebe zu sichern und unseriöse Anbieter konsequent zurückzudrängen. Die enge Abstimmung und das offene Ohr der kommunalen Verwaltung für Hinweise aus dem Handwerk sind hier sehr lobenswert.

Auch die Zusammenarbeit mit der Kreisverwaltung ist in mehreren Bereichen sehr positiv zu bewerten. Besonders hervorheben möchten wir die Bauabteilung, mit der ein vertrauensvoller und lösungsorientierter Austausch gepflegt wird. Gerade bei komplexeren Bauvorhaben zeigt sich immer wieder, wie wichtig kurze Wege und fachkundige Ansprechpartner sind.

Ein weiteres gutes Beispiel ist der amtstierärztliche Dienst, mit dem unsere Lebensmittelhandwerke, insbesondere in den Bereichen Fleischverarbeitung und Bäckereien, regelmäßig in Kontakt stehen. Die Kommunikation erfolgt hier auf Augenhöhe, Anliegen werden ernst genommen und praxisnah geprüft – das stärkt das Vertrauen und erleichtert den betrieblichen Alltag erheblich. 

Solche Kooperationen zeigen, dass eine funktionierende Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Handwerk möglich ist, wenn gegenseitiges Verständnis, Fachkompetenz und Engagement zusammenkommen. Wir wünschen uns, dass diese positiven Beispiele Schule machen – zum Wohle der Betriebe, der Region und letztlich auch der Bürgerinnen und Bürger. 

Johannes Schardt, Syna-Kommunalmanager

Wie beurteilen Sie den aktuellen Stand der Energiewende im Landkreis Neuwied? Welche konkreten Schritte müssen in nächster Zeit umgesetzt werden, um die Energiewende lokal weiter voranzutreiben?

Ein wichtiger Schritt für eine erfolgreiche Energiewende im Landkreis Neuwied liegt in der Digitalisierung. Dies betrifft insbesondere die Digitalisierung unserer Ortsnetzstationen. Dazu baut die Syna flächendeckend digitale Ortsnetzstationen, kurz DigiONS, oder rüstet bestehende Stationen nach. Dadurch kann das Stromnetz bis in das Niederspannungsnetz minutengenau überwacht werden und dabei der Stromverbrauch, aber auch die Einspeiseleistung im Blick behalten werden. Auf Grundlage dieser Daten kann der Zustand des Netzes überprüft und der Netzausbau gezielt geplant werden.

Welche Rolle wird die lokale Energieversorgung in Zukunft bei der Standortattraktivität spielen?

Bereits heute ist die Energieversorgung ein entscheidender Faktor für die Standortattraktivität. Regionen mit zuverlässiger und kostengünstiger Energie sind insbesondere für Unternehmen von Vorteil. Gerade energieintensive Betriebe sind auf ein stabiles und leistungsfähiges Stromnetz angewiesen, um Produktionskapazitäten unterbrechungsfrei nutzen und ausbauen zu können. Und mit Blick auf die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger ist es von Vorteil, wenn ausreichend Kapazitäten vorhanden sind, um beispielsweise neue Wohngebiete, Wallboxen oder Wärmepumpen zu versorgen sowie PV- und Windkraftanlagen ans Netz anzuschließen. Kurz gesagt: Eine moderne, sichere und leistungsfähige Energieversorgung wird ein zentraler Wettbewerbsvorteil für Städte und Regionen sein.

Welche Potenziale sehen Sie im Landkreis Neuwied beim Ausbau erneuerbarer Energien – insbesondere bei Solarenergie, Windkraft oder neuen Technologien wie Wasserstoff? Welche konkreten Projekte planen oder begleiten Sie aktuell in diesem Bereich?

Das Potential ist durchaus da: Nicht umsonst sind wir derzeit gemeinsam mit dem Zweckverband Kirchspiel-Urbach in der Planung des Energieparks Kirchspiel-Urbach. Dabei sollen vier Windkraftanlagen sowie drei Solarparks mit insgesamt 13 Hektar Fläche entstehen. Auch in Bad Hönningen und Leubsdorf ist ein Energiepark mit insgesamt vier Windkraftanlagen und einem Solarpark geplant. Ausgehend von diesen Projekten haben wir mit der BMR eine eigene Gesellschaft gegründet, die BMR-Süwag-Projektentwicklungsgesellschaft mbH. Diese Gesellschaft wird sich auf die Planung, Entwicklung und den Bau von Windparks, Freiflächen-PV-Anlagen und weiteren erneuerbaren Technologien in Rheinland-Pfalz konzentrieren.