Flächenfieber im Kreis Neuwied - Wenn der Platz fürs Wachstum fehlt

Eine IHK-Umfrage zeigt: Die Unternehmen im Landkreis Neuwied wollen expandieren, doch der Mangel an Gewerbeflächen bremst viele aus

20. Juni 2025
Flächenfieber im Kreis Neuwied - Wenn der Platz fürs Wachstum fehlt

Kluge Planung statt Stillstand: Für den Wirtschaftsstandort Neuwied braucht es jetzt neue Flächen und nachhaltige Entwicklungskonzepte. Foto: Maksym - stock.adobe.com

Der Wille zum Wachstum ist vorhanden, doch es fehlt der Raum dafür. Im Landkreis Neuwied stoßen viele Unternehmen bei ihren Expansionsplänen an harte Grenzen. Gewerbeflächen sind Mangelware – mit Folgen für Investitionen, Arbeitsplätze und die wirtschaftliche Zukunft der Region. Eine Umfrage der IHK Koblenz von 2024 zeigt, wie groß der Bedarf tatsächlich ist und warum entschlossen gehandelt werden muss. 

Die Wirtschaft will wachsen - doch wohin?

Die IHK-Regionalgeschäftsstelle Neuwied hatte 371 im Handelsregister eingetragene Unternehmen zur Flächenverfügbarkeit im Landkreis befragt. 58 Unternehmen beteiligten sich an der Umfrage, was einer Rücklaufquote von 15,6 Prozent entspricht. Die Ergebnisse sprechen eine klare Sprache: Knapp 60 Prozent der befragten Betriebe benötigen in naher Zukunft zusätzliche gewerbliche Flächen. Fast alle – nämlich 92 Prozent – wünschen sich diese im unmittelbaren Nahbereich, also im Umkreis von höchstens zehn Kilometern zum aktuellen Standort.

Der Druck ist hoch: Über die Hälfte des Bedarfs (54 Prozent) muss mittelfristig, also innerhalb der kommenden zwei bis vier Jahre, gedeckt werden. Die Zeit drängt, denn je länger geeignete Flächen fehlen, desto größer wird der wirtschaftliche Schaden.

Stillstand statt Standortentwicklung

Die Auswirkungen sind bereits deutlich spürbar. 54 Prozent der Unternehmen geben an, dass derzeit keine passenden Flächen verfügbar sind. Rund 23 Prozent haben zwar potenzielle Flächen in Aussicht, doch die Umsetzung ist unsicher. Die Konsequenzen: 40 Prozent der betroffenen Unternehmen lassen ihre Erweiterungspläne ganz fallen. Weitere 33 Prozent denken darüber nach, an einem anderen Standort zu expandieren – mit der Gefahr, Arbeitsplätze und Wertschöpfung aus der Region zu verlieren.

Die Situation ist dramatisch: 13 Prozent der Betriebe ziehen eine komplette Verlagerung in Betracht, zehn Prozent sehen sich mit einer möglichen Betriebsaufgabe konfrontiert. Die wirtschaftliche Dynamik droht zu kippen, bevor sie sich entfalten kann. 

Flexibler Bedarf, aber klare Anforderungen

Nicht jede Firma benötigt große Flächen: 49 Prozent der Befragten kommen mit weniger als 5.000 Quadratmetern aus, weitere 28 Prozent benötigen zwischen 5.000 und 10.000 Quadratmetern. Die geplanten Nutzungen reichen von Lager- über Büro- und Verwaltungsräume bis hin zu Stellplätzen für Pkw und Lkw.

Als entscheidende Standortfaktoren nennen die Unternehmen eine gute Anbindung an Fernstraßen und Autobahnen, eine schnelle Internetverbindung sowie bereits weitgehend erschlossene Flächen. Überraschenderweise sind Faktoren wie eine 24-Stunden-Nutzung oder sofortige Baureife hingegen weniger ausschlaggebend.

Was passieren muss

Die IHK Koblenz formuliert klare Forderungen, um die Standortqualität im Landkreis Neuwied zu sichern und weiterzuentwickeln. 
• Mehr Gewerbe- und Industrieflächen ausweisen. Der Bestand reicht nicht aus. Neue Flächen müssen geschaffen und bestehende planerisch gesichert werden. 
• Interkommunale Zusammenarbeit stärken: Gerade kleinere Kommunen profitieren von gemeinsamen Flächennutzungskonzepten.
• Nachverdichtung und Qualifizierung von Bestandsflächen: Leerstände vermeiden, Modernisierung vorantreiben.
• Flächenmonitoring digitalisieren und flexibilisieren. Bedarf erkennen, Prozesse anpassen.
• Logistikstandorte sichern und verkehrsgünstig anbinden. Damit der Waren- und Pendlerverkehr nicht ins Stocken gerät. 

Wachstum braucht Fläche - und kluge Planung

Die Unternehmen im Landkreis Neuwied sind bereit, in ihre Zukunft zu investieren, doch dafür benötigen sie den nötigen Raum. Die IHK-Umfrage macht deutlich, dass der Mangel an Gewerbeflächen keine abstrakte Debatte mehr ist, sondern konkrete wirtschaftliche Konsequenzen hat.

Jetzt sind Politik, Verwaltung und regionale Partner gefragt, gemeinsam tragfähige Lösungen zu entwickeln, bevor der Kreis Neuwied zum Kreis mit Bremsklotz wird.