Wie bewerten Sie, Herr Hallerbach und Herr Schmillen, die Zukunftsperspektiven des Wirtschaftsstandorts Neuwied, insbesondere im Hinblick auf nachhaltige und technologische Entwicklungen?
Hallerbach: Die Aussichten für unseren Landkreis Neuwied sind sehr gut. Wir haben eine hervorragende Lage zwischen den Metropolregionen Köln/Bonn und Frankfurt und mit der A3 eine direkte und schnelle Anbindung an beide Regionen. Gleichzeitig sind wir noch nicht so stark besiedelt, dass weitere Entwicklungen gar nicht mehr möglich wären. Es gilt aber eben auch als Gesellschaft Klarheit darüber zu erlangen, wie die weitere Entwicklung der Region gestaltet werden soll. Die Planungshoheit liegt bei den Gemeinden und Städten. Deren Aktivitäten müssen wir bündeln und begleiten.
Schmillen: Darüber hinaus speist sich die Perspektive einer Region immer auch aus der Stärke und der Innovationskraft der heimischen Unternehmen. Und da sind wir zum einen aufgrund des bereits erwähnten breiten Branchenmixes und auf der anderen Seite durch wettbewerbsfähig aufgestellte Unternehmen mit einer sehr positiven Zukunftsperspektive ausgestattet.
Kutting: Fünf Jahre sind, aufgrund der Schnelligkeit, mit der sich derzeit Rahmenbedingungen auf allen Ebenen ändern, ein langer Zeitraum. Die Geschäftserwartungen für die nächsten zwölf Monate haben sich laut unserer Konjunkturumfrage deutlich eingetrübt: 37 Prozent der Unternehmen rechnen mit einer Verschlechterung der Geschäftstätigkeit, nur acht Prozent erwarten eine Verbesserung.
Die Gründe für die verhaltenen Erwartungen sind vielfältig. Der Inlandsabsatz wird von den Unternehmen mit 57 Prozent als größtes Geschäftsrisiko identifiziert. Auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (55 Prozent) und der Fachkräftemangel (53 Prozent) werden verstärkt genannt und verzeichnen den größten (negativen) Zuwachs im Vergleich zu früheren Erhebungen. Die Energiepreise werden immer noch von 50 Prozent der Betriebe als Risikofaktor betrachtet.
Die aktuell hohen Regulierungsauflagen und die Bürokratisierung beeinflussen die Geschäftstätigkeiten der Unternehmen zusätzlich negativ. Sie erhöhen die administrativen Lasten und erschweren Investitionen und Innovationen. Diese Faktoren könnten die wirtschaftliche Entwicklung im Kreis Neuwied in den nächsten Jahren weiter bremsen, sofern keine Maßnahmen ergriffen werden, um die Belastung für die Unternehmen zu verringern.
Gibt es Mängel an Infrastruktur, wie Verkehrsanbindungen, welche die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes im Kreis Neuwied beeinträchtigen?
Kutting: Eine leistungsstarke regionale Verkehrsinfrastruktur ist nicht nur entscheidend für die Wirtschaft und unsere lokalen Unternehmen, sondern auch ein maßgeblicher Motor für Wachstum und Beschäftigung. Das Straßennetz ist die Lebensader unserer ländlichen Region. Daher engagieren wir uns aktiv für die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur im Landkreis Neuwied. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Realisierung der Ortsumgehung Straßenhaus.
Können Sie Beispiele für Synergien nennen, die durch lokale Netzwerke genutzt werden, um die Region wirtschaftlich zu stärken?
Kutting: Ein gutes Beispiel sind unsere regionalen Wirtschaftsgespräche, die wir in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderung im Landkreis Neuwied organisieren, um den Austausch zwischen Unternehmen und der regionalen Politik zu fördern. Auch das Junge Unternehmemetzwerk Neuwied, dem derzeit etwa 30 Jungunternehmerinnen und Jungunternehmer aus verschiedenen Branchen angehören, hat ein ähnliches Ziel. Das Netzwerk bietet die Gelegenheit, neue Kontakte zu knüpfen, Erfahrungen auszutauschen und innovative Ideen zu entwickeln. Die vielfältigen wirtschaftlichen Herausforderungen erfordern eine kooperative Zusammenarbeit aller Akteure aus Politik, Wirtschaft und Institutionen. Durch unsere Netzwerkveranstaltungen versuchen wir, einen Beitrag zur Stärkung dieser Zusammenarbeit zu leisten.
Welche Vorteile bietet der ländliche Raum des Kreises Neuwied in der aktuellen Wirtschaftslage, insbesondere im Hinblick auf Wohnraum und Work-Life-Balance?
Kutting: Der Landkreis Neuwied ist und bleibt für junge Menschen attraktiv, da sich hier - in einem lebenswerten Umfeld - auch beruflich viele Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Die Region besticht durch hohe Lebensqualität, eine intakte Natur und viele kulturelle Angebote. Darüber hinaus gibt es gute Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten und ein starkes Netzwerk an Unternehmen und Bildungseinrichtungen, das jungen Menschen ermöglicht, sich sowohl beruflich als auch persönlich zu entfalten. Die Mietkosten sind deutlich niedriger als in Ballungsgebieten oder Großstädten.
In welchen Bereichen sehen Sie die meisten Innovationen im Kreis Neuwied und wie tragen diese zur Entwicklung der regionalen Wirtschaft bei?
Kutting: Im Landkreis Neuwied sind zahlreiche innovative Unternehmen beheimatet, insbesondere aus Bereichen der Industrie und dem Bauwesen. Einige dieser Firmen wurden bereits mit Innovationspreisen ausgezeichnet. Diese Innovationen spielen eine entscheidende Rolle für die Entwicklung der regionalen Wirtschaft, da sie neue Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle hervorbringen, zur Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen beitragen und mitunter sogar neue Arbeitsplätze entstehen. Auf diese Leistungen sind wir besonders stolz, da sie zur Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Kreis Neuwied beitragen und die regionale Wirtschaft nachhaltig stärken.