Urban Mining als Rohstoffquelle

Neue Impulse in der Kreislaufwirtschaft

20. Juni 2023
Urban Mining als Rohstoffquelle

Grafik: MR Vector - stock.adobe.com

Natürliche Ressourcen werden zunehmend knapper, unter anderem da weltweit derzeit deutlich mehr natürliche Rohstoffe abgebaut und verarbeitet werden, als die Erde in diesem Zeitraum zur Verfügung stellen kann. Als Nettoimporteur von Rohstoffen ist die deutsche Wirtschaft insbesondere bei Materialien für zukünftige Technologien auf den internationalen Handel angewiesen. Auch aus diesem Grund wird das Denken in Kreisläufen für die Verbesserung der Ressourceneffizienz und -schonung von zentraler Bedeutung sein. Der gesamte Lebenszyklus einer Ressource – von der Bereitstellung über ihre Nutzung bis hin zur wiedergewinnenden Nachsorge – muss entsprechend mitgedacht und optimiert werden. In diesem Zusammenhang kann Urban Mining als Bestandteil einer Kreislaufwirtschaft betrachtet werden. Durch die Nutzung Urbaner Minen kann zwar nicht das gesamte Konzept einer Kreislaufwirtschaft abgedeckt werden, jedoch kann Urban Mining als zusätzliche Rohstoffquelle eine wesentliche Rolle spielen. Insbesondere vor dem Hintergrund der angespannten Rohstoffsituation muss diese Möglichkeit gesamtwirtschaftlich genutzt werden, um zum einen Ressourcen zu schonen und wiederzuverwenden und um zum anderen die Abhängigkeit auf internationalen Rohstoffmärkten zu reduzieren. Das Materiallager, welches Deutschland aufgebaut hat, bietet ein wichtiges Potenzial, Rohstoffe, die bereits abgebaut wurden, wiederzuverwerten und im Kreislauf zu halten

Deutsche Industrie im harten globalen Wettbewerb

Foto: Karen - stock.adobe.com
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Mit ihrer starken Exportorientierung befindet sich die deutsche Industrie in einem harten globalen Wettbewerb – kosteneffiziente Produktionsstrukturen sind somit zwingend notwendig und ein wesentlicher unternehmerischer Erfolgsfaktor. Materialkosten sind ein wesentlicher Kostenblock für Unternehmen. Rohstoffe werden auch für die deutsche Industrie zum einen knapper und zum anderen unsicherer bezogen auf die globale Bereitstellung. Dies ist darin begründet, dass Deutschland als Nettoimporteur von Rohstoffen auf internationalen Handel und Wirtschaftsverflechtungen angewiesen ist – insbesondere bei Materialien für die sogenannten technische Produkte. Im Jahr 2019 wurden beispielsweise 121 Millionen Tonnen Eisenerz importiert und gleichzeitig lediglich 588200 Tonnen, also ein Bruchteil der Importe, inländisch entnommen (Destatis, 2021). Nicht-Eisenerze werden in Deutschland nicht abgebaut und entsprechend ausschließlich importiert.

Entscheidend wird künftig das Denken in Kreisläufen sein, indem der gesamte Lebenszyklus einer Ressource – von der Bereitstellung (Extraktion/Aufbereitung) über ihre Nutzung (Produktion/Konsum) bis hin zur wiedergewinnenden Nachsorge (Kreislaufwirtschaft) – betrachtet wird (Neligan/Schmitz, 2017). Urban Mining kann in diesem Zusammenhang als Bestandteil einer Kreislaufwirtschaft betrachtet werden, indem es zusätzliche Rohstoffquellen aufzeigt. Das Materiallager, welches die Menschheit in den letzten Dekaden aufgebaut hat, bietet ein enormes Potenzial, Rohstoffe, die bereits abgebaut wurden, weiterzuverwenden und im Kreislauf zu halten. Kombiniert mit den vier zirkulären Strategien – Kreisläufe ermöglichen, schaffen, verlängern und schließen – kann das urbane Materiallager auch nach den Zyklen von Wiederverwendung, Reparatur und Wiederaufbereitung als potenzielle Rohstoffquelle betrachtet werden. Rohstoffpotenziale wichtiger Materialien, wie Metalle, existieren in nicht mehr genutzten Elektrogeräten und müssen wiederverwendet werden, um die Übernutzung natürlicher Ressourcen zu reduzieren. Urban Mining kann hier die Rolle spielen, diese Geräte als „last loop“ zu erfassen und als Sekundärrohstoffe in den Kreislauf zurückzubringen (Fraunhofer ISI, 2020).

EU Green Deal

Mit der europäischen grünen Wachstumsstrategie EU Green Deal strebt die Europäische Union (EU) an bis 2050 klimaneutral zu werden. Die Transformation zur klimaneutralen Wirtschaft geht mit einem hohen Rohstoffbedarf einher, was wiederum die Notwendigkeit einer Kreislaufwirtschaft unterstreicht. Der EU Green Deal benennt die Kreislaufwirtschaft explizit als eine Maßnahme, mit der die Treibhausgasemissionen in der EU reduziert werden können und unterstreicht, dass dazu die Mobilisierung der gesamten Industrie notwendig ist (Europäische Kommission, 2019). Zu den wichtigen Strategien und Regularien für eine effiziente Rohstoffnutzung auf europäischer Ebene zählen beispielsweise das Circular Economy Paket, damit verbunden das Thema Ökodesign sowie die Strategie zur Schonung natürlicher Ressourcen. Das Circular Economy Paket der EU hat den Zweck einen einheitlichen und kohärenten Rahmen für die Produktpolitik zu schaffen und die Vermeidung von Abfall zu fördern (Europäische Kommission, 2020). Der im September 2022 angekündigte EU Critical Raw Materials Act soll eine Sicherstellung kritischer Ressourcen in Europa unterstützen. Motiviert ist das Gesetz explizit durch die Tatsache, dass ohne einen sicheren und nachhaltigen Zugang zu den notwendigen Rohstoffen das europäische Ziel, der erste klimaneutrale Kontinent zu werden, gefährdet ist. Sarah Fluchs/ Adriana Neligan IW Köln