Ein-Blick - Editorial

von Katharina Schlag, Wirtschaftsförderin Westerwald Kreis

17. September 2022
Ein-Blick - Editorial

Katharina Schlag Foto: Wir Westerwälder

Die großen Themen Fachkräfte, Lieferketten, Energie und Inflation betreffen aktuell alle Betriebe in unterschiedlichen Ausprägungen und Mischungen. Dazu kommen viele kleinere Themen und Gesetzeslagen, die den unternehmerischen Alltag komplex und herausfordernd machen. In einigen Bereichen werden dadurch sicherlich positive, teilweise überfällige, Veränderungsprozesse in Gang gesetzt, in anderen Fällen sorgt es für Verunsicherung und Kapitulation.

Wir merken in unserem Tagesgeschäft, dass die allgemeinen Überschriften und Informationen an Bedeutung verlieren und der Wunsch nach individueller Betrachtung bei spezifischen Fragestellungen deutlich zunimmt. Es zeigt sich auch, dass sich unser Ansatz der Netzwerkbildung und Austauschförderung auszahlt. Unternehmen suchen gute Beispiele und vertrauensvolle Sparringspartner und dafür bieten wir Plattformen. Außerdem sehen wir uns selbst als einen solchen Partner, der ein offenes Ohr hat und aktiv Kontakte zu anderen Impulsgebern knüpft.

Die Themen und Herausforderungen sind vielfältig und lassen in den meisten Fällen nicht pauschal lösen. Wir sehen den Schlüssel in einem stabilen und vertrauenswürdiges Netzwerk, weshalb darin ein Kernpunkt unserer Arbeit liegt. Dabei engagieren wir uns selbst auch in entsprechenden Netzwerken und führen zahlreiche Projekte im Schulterschluss mit unseren Partnern durch. Ein gutes Beispiel ist hier das Thema Fachkräfte. Neben eigenen Aktivitäten haben wir die „Westerwälder Naturtalente“ in den drei „Wir Westerwälder“ Landkreisen Altenkirchen, Neuwied und Westerwaldkreis zusammen umgesetzt. Eine Ausbildungsfibel, die an die Schulen in den drei Kreisen verteilt wird und in der sich mittlerweile rund 150 Betriebe präsentieren.

Dazu gehören auch eine Homepage und verschiedene Social-Media-Kanäle. Dieses Projekt wird wiederum auf der Informationsplattform www.fachkräfte-regional.de, die unter anderem in Zusammenarbeit dem Rhein-Lahn-Kreis, der Agentur für Arbeit, den Kammern und der Kreishandwerkerschaft betrieben wird, vorgestellt. Unter dem Motto „Fachkräfte im Fokus“ werden hier Informationen zu den Themen Ausbildung, Studium, Weiterbildung/Qualifizierung, Personalplanung, Fachkräfte aus dem Ausland sowie Netzwerke/Förderungen für Personalverantwortliche und Fachkräfte zusammengestellt. Gemeinsames Ziel ist es, die vorhandenen Angebote zu bündeln, transparent zu machen und zu verknüpfen.

Das ist nur eines von zahlreichen Beispielen unserer aktiven Vernetzung. Wir dürfen nicht an den Grenzen der Zuständigkeiten aufhören zu denken, wenn wir die Region zukunftsfähig positionieren wollen. Es funktioniert in der Tat wie bei einem Netz, je enger es gewebt ist, desto stabiler wird es und desto weniger fallen durch. Unser Fokus liegt dabei auf der Vernetzung der Wirtschaft, aber auch die Netze anderer Lebensbereiche, die darüber und darunter liegen wie zum Beispiel Bildung und Forschung, Politik und Gesellschaft. Sie versuchen wir einzubinden, damit ein belastbares Gesamtkonstrukt entsteht.

Für uns sind dabei drei Dinge entscheidend. Überzeugung, Augenhöhe und Vertrauen. Für uns bedeutet das: lebendige Kooperationen, die nicht nur auf dem Papier existieren sondern vom Glauben daran, dass wir gemeinsam besser Ergebnisse erzielen, getragen werden. Wir bringen uns mit unseren Kenntnissen und Fähigkeiten ein und diskutieren mit dem Ziel der besten Lösung, nicht des Rechthabens. Wir kommunizieren transparent und offen, verpflichten uns gegenseitig zur Verschwiegenheit und Diskretion und übernehmen gemeinsam Verantwortung.

Der Grundgedanke „Was einer alleine nicht schafft, das schaffen viele“ von Friedrich Wilhelm Raiffeisen, ist daher auch in unserer Arbeit zu finden. Ebenso spielt das Thema Gemeinwohlökonomie eine immer wichtigere Rolle. Wirtschaft und Nachhaltigkeit stehen nicht an zwei Enden einer Skala, sondern sie können sehr gut Hand in Hand gehen. Ein wichtiger Faktor ist dabei der Betrachtungszeitraum. Je weiter der Blick nach vorne gerichtet ist, umso besser lassen sich diese beiden Dinge verknüpfen.

Damit kommen wir schnell zu der Frage, welche Werte sind wichtig – für mich persönlich, für mein Unternehmen, für ein gutes Miteinander. Aus unserer Sicht brauchen die aktuellen Herausforderungen neue Lösungen und grundlegend andere Gedanken. Daher versuchen wir auch, die richtigen Fragen zu stellen. Ein wie ich finde treffendes Beispiel habe ich kürzlich gelesen. Es ging darum, dass zum Beispiel die Elektromobilität zwar Vorteil im Bereich der CO2-Emissionen bewirkt, aber dadurch die Anzahl der Parkplätze in den Städten nicht automatisch steigt. Die Frage ist also, wie kann das System Mobilität neu gedacht werden. Wir brauchen den Mut dazu, nicht die vorhandenen Dinge zu optimieren, sondern mit dem weißen Blatt neu anzufangen. Das Wissen ist vorhanden, aber … Wie häufig bei dem Wunsch Gewicht zu verlieren, wissen wir theoretisch genau wie es geht, aber Schokolade ist einfach lecker und für Sport ist es im Sommer auch zu warm. Lassen Sie uns in unseren Einflussbereichen, seien sie auch noch so klein, anfangen aufzuhören – es ist die einzige Chance auf zukunftsfähige Veränderung.

Ihre
Katharina Schlag