Die Möglichkeit aus dem Ausland zu arbeiten ist Wunsch vieler Beschäftigten. Rund 15 Prozent der deutschen Unternehmen bieten ihren Beschäftigten derzeit die Möglichkeit einer „Workation“ an. Gründe für die geringe Verbreitung sind neben den allgemeinen Herausforderungen des mobilen Arbeitens zusätzliche arbeits-, sozial- und steuerrechtliche Hürden. Um Workations rechtssicher zu ermöglichen, bedarf es einer guten Vorbereitung, einschließlich der Berücksichtigung rechtlicher Risiken.
Der Begriff Workation setzt sich aus den englischen Wörtern „Work“ (Arbeit) und „Vacation“ (Urlaub) zusammen. Eine Person befindet sich zu privaten Zwecken an einem anderen Ort als ihrem normalen Arbeitsplatz – in der Regel an einem Urlaubsort. Dort geht sie gleichzeitig ihrer gewohnten Berufstätigkeit in ihrem regulären Unternehmen nach. Eine Workation eignet sich potenziell für diejenigen, die ihre Aufgaben (zeitweise) mobil ohne persönliche Anwesenheit im Büro oder ohne Kundenkontakt erledigen können. Eine Workation ist sozialversicherungs- und steuerrechtlich von grenzüberschreitendem Pendeln und „Work and Travel“, bei dem der Auslandsaufenthalt durch kurzfristige Gelegenheitsjobs finanziert wird, abzugrenzen.
Workation in deutschen Unternehmen
Um die Verbreitung der Möglichkeit zu Workation-Programmen in deutschen Unternehmen abzuschätzen, wurden Ergebnisse einer IW-Onlinebefragung von Personalverantwortlichen aus 1.029 Unternehmen in Deutschland ausgewertet. Die Frage bezog sich darauf, ob Unternehmen ihren Beschäftigten mobiles Arbeiten im Ausland ermöglichen. Darunter fallen neben Workations auch Dienstreisen oder Entsendungen. Eine genauere Abschätzung des Angebots einer Workation ist auf Basis der Befragung nicht möglich. Eine Gewichtung nach Sektoren (verarbeitendes Gewerbe, Groß-, Einzelhandel und Logistik, wirtschaftsnahe Dienste und gesellschaftsnahe Dienste) und Größenklassen (≤ 49 Beschäftigte, 50-249 Beschäftigte und ≥ 250 Beschäftigte) ermöglicht Aussagen über die Privatwirtschaft in Deutschland. Der Befragung zufolge gestatten derzeit rund 15 Prozent der deutschen Unternehmen ihren Mitarbeitern mobil im Ausland zu arbeiten. Innerhalb der Unternehmen mit mobil beschäftigten Mitarbeitern ist es jedes vierte Unternehmen.
Ob Unternehmen das Arbeiten im Ausland gestatten, hängt stark von der Unternehmensgröße ab. Innerhalb der Unternehmen mit 250 Beschäftigten und mehr ist der Anteil deutlich höher (23 Prozent) als innerhalb kleiner Unternehmen mit bis zu 49 Mitarbeitern (15 Prozent). Bei der Interpretation dieser Zahlen gilt zu berücksichtigen, dass nicht nach Internationalisierungsgrad im Unternehmen kontrolliert wurde. Zudem ist die Wahrscheinlichkeit in großen Unternehmen höher, dass zumindest einer Person die Option Workation offensteht.
Die mit rund 15 Prozent insgesamt relativ geringe Verbreitung, zeitweise beruflich im Ausland für den Arbeitgeber aktiv zu sein, ist zum einen auf den hohen Anteil kleiner Unternehmen in Deutschland zurückzuführen. Kleine Unternehmen haben beschränkte Ressourcen, Infrastruktur und Flexibilität, um ihren Mitarbeitern mobiles Arbeiten aus dem Ausland zu ermöglichen. Die weiteren Gründe, weshalb Unternehmen davor zurückschrecken, für ihre Beschäftigten eine Workation anzubieten, gehen über allgemeine Herausforderungen des mobilen Arbeitens wie etwa Anforderungen an Datenschutz oder technische Hürden hinaus.
Vor der Bewilligung sind Fragen des Sozialversicherungs-, Steuer- und Arbeitsrechts zu klären. Bei einer temporären Beschäftigung in Ländern außerhalb der EU ergeben sich zudem Fragen des Aufenthaltsrechts und der Einreiseerlaubnis. Arbeiten Beschäftigte eines deutschen Unternehmens im Ausland, kann dies unter bestimmten Voraussetzungen dazu führen, dass sie für den deutschen Arbeitgeber eine Betriebsstätte im Ausland begründen. Die Folgen wären eine Steuerpflicht sowie weitere administrative Verpflichtungen des deutschen Unternehmens im Ausland.
Beschränkte Mittel und rechtliche Risiken

Neben dem Risiko der ausländischen Steuerpflicht des Unternehmens muss ausgeschlossen werden, dass die Beschäftigten im Ausland einkommensteuerpflichtig werden.
Beschäftigte bleiben in Deutschland einkommensteuerpflichtig, wenn sie sich nicht länger als 183 Tage im Ausland aufhalten und der Arbeitslohn nicht von einem ausländischen Arbeitgeber oder einer ausländischen Betriebsstätte gezahlt wird. Im Einzelfall empfiehlt sich eine steuerrechtliche Beratung.
Die arbeitsrechtlichen Regelungen im Ausland unterscheiden sich zum Teil erheblich von deutschen Regelungen zu täglichen Höchstarbeitszeiten, Mindestruhezeiten, Urlaubstagen oder Mindestlohnregelungen. Hier gilt innerhalb der EU in der Regel, dass der Arbeitsvertrag dem Recht des Staates unterliegt, in dem die Arbeit gewöhnlich verrichtet wird. Auch der Umgang mit Feiertagen im Zielland ist zu klären.
Mehr Kreativität, Zufriedenheit und Motivation
Trotz der rechtlichen Risiken bieten Workations auch Chancen sowohl für die individuellen Beschäftigten als auch für die Unternehmen. Aus Mitarbeiterperspektive kann eine zeitlich beschränkte Verlagerung des Arbeitsumfelds die Kreativität, Zufriedenheit und Motivation steigern und dazu führen, neue Inspirationen zu sammeln, das eigene berufliche Netzwerk auszubauen und den interkulturellen Austausch zu fördern.
Unternehmen profitieren von Workations, da eine gesteigerte Zufriedenheit nicht nur zu einer höheren Arbeitsmotivation und Leistungsfähigkeit, sondern auch zu einer verstärkten Bindung der Beschäftigten an das Unternehmen führen kann. Angesichts steigender Fachkräfteengpässe wird es für Arbeitgeber immer wichtiger, gefragte Benefits anzubieten, um im Wettbewerb um gefragte Fachkräfte zu bestehen. Vor allem die jüngeren Generationen legen einen großen Wert auf mobiles Arbeiten aus dem Ausland.
Workations benötigen immer die Zustimmung des Arbeitgebers. Es gilt zunächst allgemein zu prüfen, ob sich das Modell aus arbeitsorganisatorischen Gründen anbietet. Sofern erfüllt, sollten die wichtigsten Rechte und Pflichten während des Arbeitens aus dem Ausland schriftlich festgehalten werden, um eine Workation sowohl auf Beschäftigten- als auch auf Unternehmensseite planbar und rechtssicher zu gestalten. Dazu gehört zum Beispiel die zeitliche und örtliche Eingrenzung, Vorgaben zur Erreichbarkeit vor Ort und Maßnahmen zur IT-Sicherheit und Datenschutz
Um zu vermeiden, dass der Beschäftigte im EU-Ausland Sozialversicherungsbeiträge zahlen muss, empfiehlt sich die Ausstellung einer Entsendebescheinigung (A1- Bescheinigung), die bestätigt, dass die Person, die in einem EU-Land beschäftigt ist, trotz temporärer Arbeit in einem anderen EU-Land weiterhin den Sozialversicherungsgesetzen des Heimatlandes unterliegt. Bei einem Aufenthalt in einem Drittstaat hängt die Sozialversicherungspflicht von den Abkommen der jeweiligen Staaten ab.
Sofern die genannten arbeits-, sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Rahmenbedingungen sorgfältig geprüft und vorab geregelt werden, kann das Angebot dieser für Unternehmen ein attraktives Tool zur Gewinnung und Bindung von Fachkräften sein.
Auszug aus IW-Kurzbericht 28/2024