Mehr als Loreley

Wie der Rhein-Lahn-Kreis sein touristisches Potenzial heben will

25. Juni 2025
Mehr als Loreley

Der sagenumwobene Loreley-Felsen zählt zu den bekanntesten Wahrzeichen des Oberen Mittelrheintals und zieht jedes Jahr zahlreiche Besucher an. Foto: Sina Ettmer - stock.adobe.com

Obwohl es im Rhein-Lahn-Kreis viele Postkartenmotive gibt, fehlt es dem Kreis als Tourismusregion an einem scharfen Profil. Die Loreley, Bad Ems und das Welterbe Oberes Mittelrheintal sind allesamt Namen mit Strahlkraft. Aber was verbindet sie? Und wer schnürt daraus ein Paket, das Gäste und Fachkräfte gleichermaßen überzeugt? Die Wirtschaft im Kreis sieht dringenden Handlungsbedarf in den Bereichen Marketing, Infrastruktur und Führung. 

Es gibt kaum eine Region in Deutschland, die auf so engem Raum so viele touristische Highlights bietet wie der Rhein-Lahn-Kreis. Die spektakulären Flusstäler von Rhein und Lahn, traditionsreiche Kurstädte wie Bad Ems, der weltberühmte Loreley-Felsen, ein Dutzend Burgen, Premiumwanderwege wie der Rheinsteig und gleich drei UNESCO-Welterbestätten – das Obere Mittelrheintal, der Obergermanisch-Raetische Limes und Bad Ems als Teil der Great Spa Towns of Europe – bieten eigentlich perfekte Voraussetzungen für einen erfolgreichen Tourismusstandort.

Eigentlich perfekte Voraussetzungen für einen erfolgreichen Tourismusstandort. Doch die Realität sieht oft anders aus: Zersplitterte Zuständigkeiten, ein kaum greifbares Gesamtbild und eine fehlende Strategie bremsen das Potenzial. Was der Rhein-Lahn-Kreis zu bieten hat, ist ihm selbst bewusst, doch außerhalb seiner Grenzen ist das kaum bekannt. Das muss sich ändern, fordern Akteure aus Wirtschaft und Tourismusbranche. 

Die Chance BUGA 2029 - und was daraus werden muss

Die Bundesgartenschau 2029 ist ein Fixpunkt in der touristischen Zukunft des Kreises und wird das Obere Mittelrheintal – und damit auch die rechtsrheinischen Kommunen im Kreis – ins nationale Rampenlicht rücken. Doch die Zeit drängt. Bis dahin sind es nur noch wenige Jahre und viele Vorhaben sind noch nicht einmal angestoßen. Die Wirtschaft sieht in der BUGA eine große Chance, aber auch eine Kraftprobe. Es wird nicht ausreichen, auf Gäste zu hoffen. Notwendig sind Investitionen in die Infrastruktur, die Gastronomie, die Übernachtungsangebote und das Marketing. Studien zeigen: Ein erheblicher Teil der Beherbergungsbetriebe wird in den kommenden Jahren altersbedingt schließen. Benötigt werden neue Betreiber, Konzepte und Qualität – sowie ein echtes touristisches Netzwerk, das die Region auf allen Ebenen trägt. 

Der Wunsch nach einem starken Auftritt

Viele Unternehmer kritisieren, dass dem Kreis ein klares touristisches Profil fehlt. Zwar gibt es gute Einzelangebote – von Stadtführungen bis zur Dampferfahrt, vom Wandertourismus bis zur Wellness. Aber was ist das verbindende Narrativ? Was ist „typisch Rhein-Lahn“? Eine starke Marke, wie sie in anderen Destinationen zu finden ist, sucht man hier vergebens.

Dabei gäbe es Vorbilder: Regionen in Österreich, Südtirol oder dem Schwarzwald zeigen, wie sich aus lokaler Vielfalt ein professionelles Gesamtpaket schnüren lässt. Die Wirtschaft im Rhein-Lahn-Kreis fordert daher ein strategisch aufgesetztes und zentral koordiniertes Standortmarketing. Nicht mehr jede Gemeinde für sich, sondern ein Auftritt unter einem Dach.

Von der Kirchturm politik zur Marke Rhein-Lahn.

Ein zentrales Hemmnis ist das verbreitete Kirchturmdenken. Jede Verbandsgemeinde betreibt ihr eigenes Tourismusbüro, erstellt eigene Broschüren und unterhält eigene Internetseiten. Doch in Zeiten knapper Kassen ist das ineffizient. Die Forderung lautet daher: Kräfte bündeln, Ressourcen zusammenlegen und professionell vermarkten.

Ein erster Schritt ist das Projekt „VIELFALT Rhein-Lahn-Limes“: ein digitales Kultur- und Tourismusportal, das Geschichten aus der Region sichtbar macht. Es zeigt, wie moderne Kommunikation funktionieren kann: interaktiv, emotional und langfristig angelegt. Nun ist der nächste Schritt gefragt: ein konsistentes, gemeinsames Tourismuskonzept, das sich auch nach außen durchsetzt. 

Standortmarketing als Wirtschaftsfaktor

Tourismus ist nicht nur Freizeitgestaltung, sondern auch Standortfaktor. Wer eine attraktive Region bewirbt, spricht auch potenzielle Fachkräfte an. Gute Gastronomie, Freizeitangebote, Kultur und Natur tragen zur Lebensqualität bei. In Zeiten des Fachkräftemangels ist das ein echtes Argument. Deshalb fordern Industrie und Mittelstand ein aktives Standortmarketing.

Zugleich könnte die Wirtschaft selbst aktiver eingebunden werden: beispielsweise als Gastgeber auf Messen, als Sponsoren regionaler Veranstaltungen oder als Multiplikatoren. So könnten Unternehmen aus anderen Branchen zu Markenbotschaftern der Region werden. Auch das wäre ein Beitrag zur besseren Außenwirkung. 

Handel und Tourismus sind zwei Seiten derselben Medaille.

Ein oft unterschätzter Aspekt ist, dass der Tourismus helfen könnte, auch den Handel in der Fläche zu stabilisieren. Gäste, die vor Ort übernachten, kaufen ein, essen auswärts und nutzen Dienstleistungen. Voraussetzung ist allerdings, dass es diese Angebote noch gibt und sie sichtbar sind.

Gerade in kleineren Orten verschwinden Läden, Cafés und Bäckereien. Mit einem klugen Marketingkonzept, abgestimmten Öffnungszeiten und besseren digitalen Plattformen könnten Tourismus und Handel voneinander profitieren. Doch auch hierfür ist Koordination statt Kleinstaaterei gefragt.

Potenzialja - aber auch Zeitdruck

Die Ausgangslage im Rhein-Lahn-Kreis ist vielversprechend: Es gibt Sehenswürdigkeiten, Natur, eine zentrale Lage und eine reiche Geschichte. Es fehlt jedoch noch ein klarer Plan, wie aus dieser Vielfalt eine gemeinsame touristische Identität entstehen kann. Die Wirtschaft mahnt zur Eile, denn die BUGA ist eine einmalige Gelegenheit, hat aber auch ein Ablaufdatum.

Wer sich jetzt positioniert, profitiert auch über das Jahr 2029 hinaus. Wer zögert, wird überholt.