Vergessene Mauern

Die Klosterruine Seligenstatt bei Seck

21. November 2025
Vergessene Mauern

Die alten Mauern des ehemaligen Klosters erzählen von ihrer langen Geschichte. Fotos: Doris Kohlhas

An einem wunderschönen Herbsttag mache ich mich auf, die Klosterruine Seligenstatt bei Seck zu erkunden. In etwa 25 Minuten erreiche ich von Hachenburg aus diesen besonderen Ort. 

Nachdem ich mein Auto auf dem Parkplatz an der K51 abgestellt habe, fällt mein erster Blick auf die Ruine. Zwischen sanften Hügeln und alten Buchen liegt sie verborgen. Ich nehme den schmalen Weg durch den Wald, höre zunächst nur den frischen Wind, das Rascheln der bunten Blätter und erschrecke einen Vogel. Dann öffnet sich der Blick auf bröckelnde Mauern, überwachsene Bögen und ein Stück Geschichte, das hier seit Jahrhunderten in stiller Ruhe fortbesteht. Ich bleibe einen Moment stehen und spüre die Stille, die von diesen alten Steinen ausgeht, eine Ruhe,die fastgreifbarist. 

Die Ruine zählt zu den ältesten sakralen Stätten des Westerwaldes. 1181 wurde das Kloster erstmals urkundlich erwähnt. Es war ein Tochterkloster der Abtei Maria Laach, ursprünglich der heiligen Maria und dem heiligen Nikolaus geweiht. Später tauchte auch Petrus als Patron auf. Die Wahl des abgelegenen Ortes hatte strategische Gründe. In der Nähe kreuzten sich damals wichtige Fernstraßen, und auch die für den Handel bedeutende Rheinstraße führte nicht weit vorbei. Wer die Lahn überqueren wollte, fand hier einen Vorposten, der Einkehr, Schutz und Unterkunft bot.

Ein bedeutender Förderer war Siegfried von Runkel. 1219 schenkte er dem Kloster alle Rechte, die ihm als Vogt zustanden, und befreite es von den üblichen Diensten im Rahmen seines geplanten Kreuzzugs ins Heilige Land. Diese Verfügung verschaffte dem Konvent mehr Unabhängigkeit und die Möglichkeit, Ressourcen direkt für das Klosterleben einzusetzen. 

Trotz dieser Unterstützung blieb die wirtschaftliche Lage des Klosters schwierig. Die Besitzungen waren weit verstreut, die Verwaltung aufwendig. Schon im Spätmittelalter reichten die Mittel nur für einen kleinen Konvent aus. 1239 legte der Erzbischof von Trier die maximale Zahl der Nonnen auf 30 fest, ein deutliches Zeichen für die begrenzten Ressourcen. Der Nonnenkonvent wird letztmalig 1423 urkundlich erwähnt. Danach ging das Kloster in Verwalterhand über. Der Klosterhof bestand noch bis 1785, bevor die Gebäude größtenteils abgerissen wurden. 

Das einstige Klosteranwesen maß rund 36 Meter in der Breite und 72 Meter in der Länge. Im unteren westlichen Teil erheben sich noch Teile der Klostermauer bis zu sechs Meter Höhe, vielleicht sogar noch größer, wie Probebohrungen andeuten. Besonders markant sind die halbrunde Apsis und die beiden Ecktürme, deren Stichbögen noch teilweise erhalten sind. Ich gehe langsam an den Mauern entlang und stelle mir vor, wie hier einst das Leben der Nonnen ablief, in einem Rhythmus von Arbeit, Gebet und Stille. 

Die Ruine ist frei zugänglich und über die K51 kurz vor Seck leicht zu erreichen. Ein kleiner Parkplatz, auf dem auch mein Auto steht, liegt direkt am Einstiegspunkt. Von hier beginnt ebenfalls der Kloster-Weiher-Weg VR 13, ein rund 6,6 Kilometer langer Raundweg, der Geschichte und Natur auf wunderbare Weise verbindet.

Der Weg führt zunächst an der Ruine vorbei, dann am alten Forsthaus entlang in Richtung Secker Weiher. Weiter geht es zum Hofgut Dapprich, wo sich ländliche Architektur und offene Wiesen abwechseln. Über leicht ansteigendes Gelände führt der Pfad zurück nach Seck und schließlich wieder zum Parkplatz an der Klosterruine. 

Mit nur 62 Höhenmetern im Aufstieg und 61 im Abstieg gilt der Weg als leicht und ist in rund anderthalb Stunden gut zu bewältigen. Besonders reizvoll ist die Jahreszeit im Herbst. Die bunten Blätter verwandeln Wald und Wiesen in ein farbenprächtiges Bild, und selbst der November, der oft so verschmäht wird, kann hier seine stille Schönheit entfalten. Das Licht fällt flach zwischen die Bäume und taucht die alten Mauern in einen diffusen Glanz. Ich bleibe immer wieder stehen, höre das Knirschen der Blätter unter den Schuhen und spüre, wie die Zeit ein kleines Stück langsamer vergeht. 

Seligenstatt ist mehr als nur eine Ruine. Es ist ein Ort der Erinnerung, der Stille und der Rückkehr. Wer hier verweilt, kann spüren, wie Zeit vergeht und zugleich bleibt. Doris Kohlhas

Klosterruine Seligenstatt bei Seck

Erste urkundliche Erwähnung: 1181
Tochterkloster von: Abtei Maria Laach
Patrone: Maria, Nikolaus, später Petrus
Maximale Nonnenzahl: 30 (1239 durch den Erzbischof von Trier festgelegt)
Förderer: Siegfried von Runkel (1219: Befreiung des Klosters von Vogtrechten)
Letzte urkundliche Nonnenbelegung: 1423
Ende des Klosterhofs: 1785, danach Abriss und Nutzung als Steinbruch
Maße des Anwesens: 36 × 72 Meter
Besondere Bauwerke: halbrunde Apsis, zwei Ecktürme mit teilweise erhaltenen Stichbögen
Mauern: teilweise bis 6 Meter hoch

Lage und Bedeutung:
Strategisch nahe Fernstraßen Siegen–Mainz–Frankfurt und der Rheinstraße. Vorposten für Reisende mit Einkehr, Schutz und Unterkunft

Zugang und Wandern:
Parkplatz: K 51 kurz vor Seck
Rundweg: Kloster-Weiher-Weg VR 13, 6,6 Kilometer, leicht, ca. 1,5 Stunden
Highlights: Secker Weiher, Hofgut Dapprich, herbstliche Wald- und Wieseneindrücke

Tipp: Am Infohäuschen bei der Ruine erfährt man mehr über die Geschichte des ehemaligen Klosters. Eine Karte der Wanderwege ist als Download unter www.hoherwesterwald.info erhältlich.