Hinter den Kulissen des Koblenzer Theaters

Neue Spielzeit startet am Samstag mit der Premiere „Lichte Nächte“

15. September 2022
Hinter den Kulissen des Koblenzer Theaters

Fotos: Petra Dettmer

Carolin Quirmbach hat derzeit viel zu tun. Bei der Leiterin der Kostümabteilung im Koblenzer Theater laufen alle Fäden zusammen, damit die Künstler am Tag der Aufführung im passenden Gewand auf der Bühne stehen. „Momentan arbeiten wir intensiv an drei Produktionen“, erzählt die immer fröhlich strahlende Quirmbach. Stress scheint die diplomierte Designerin und Schneidermeisterin nicht zu kennen. Das Ballett „Lichte Nächte“, das Schauspiel „Der gute Mensch von Sezuan“ sowie die Oper „Der Freischütz“ haben in den nächsten drei Wochen Premiere.

In der Kostümabteilung arbeiten knapp 30 Leute

Bei der Ballettproduktion „Lichte Nächte“ begann die Arbeit für die Kostümabteilung bereits im März. „Dann war Kostümabgabe für das Ballett“, erklärt Quirmbach. „Das heißt, dass die freiberufliche Kostümbildnerin, die für das Ballett engagiert wurde, uns die Entwürfe vorlegt hat. Diese hatte sie in Absprache mit der künstlerischen Leitung entworfen.“ Anschließend kommen Carolin Quirmbach und ihr knapp 30-köpfiges Team zum Einsatz. „Wir schauen, ob die Ideen umsetzbar sind, welche Stoffe geeignet sind und ich muss immer die Kalkulation im Auge behalten. Auch wenn wir hier die tollsten Kostüme auf Haute Couture Niveau herstellen könnten, habe ich nur eine begrenzte Zahl an Werkstattstunden, die ich für die Produktionen verwenden kann.“

Ist dies alles geklärt, beginnt die Arbeit der beiden Gewandmeister. Sie übertragen die Schnitte auf die Stoffe und schneiden sie zu. Da einer der beiden Gewandmeister gerade erkrankt ist, springt Carolin Quirmbach kurzerhand mit ein. „Da helfe ich den Kollegen gerne aus“, sagt die Schneidermeisterin – auch wenn sie sich die Zeit dafür woanders stehlen muss. Aber als fünffache Mutter ist Carolin Quirmbach in Sachen Zeitmanagement sehr versiert.

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Helfende Hände während der Vorführung

Anfang Mai war die erste Anprobe für „Lichte Nächte“, einer Ballettaufführung in drei Teilen mit drei unterschiedlichen Kostümen. Die Tänzer bekommen die mit großen Stichen genähten Kostüme an, um zu sehen, ob es passt oder eben nicht. „Deshalb nähen wir nur mit großen Stichen. So können wir problemlos Änderungen vornehmen.“ Wenn alles in Ordnung ist, wird „richtig genäht“, damit zu den beiden Haupt- und der Generalprobe mit den Originalkostümen geprobt werden kann. Dann ist die Arbeit für die 14 Schneiderinnen zunächst vorbei. Für Carolin Quirmbachs Damen vom Ankleidedienst beginnt dann die Arbeit. „Während der Aufführung stehen unsere Damen parat, legen die Kostüme zurecht, helfen beim An- und Auskleiden oder stehen im Fall der Fälle hilfreich mit Nadel und Faden zur Seite.“

Samstag feiert „Lichte Nächte“ Premiere, dann liegt bei der Leiterin der Kostümabteilung der Fokus nicht mehr auf dieser Produktion. Worauf freut sie sich nun? „Eigentlich auf jede. Es ist immer wieder eine neue Herausforderung. Auf den guten Menschen von Sezuan freue ich mich schon, weil es sehr bunt werden wird.“

Ballett, das Spaß machen soll

Während Carolin Quirmbachs Gedanken jetzt um das Schauspiel und die Oper kreisen, steht für Choreograf Steffen Fuchs die Premiere von „Lichte Nächte“ im Vordergrund. Es ist kein Handlungsballett, das eine in sich geschlosse Geschichte erzählt, sondern jeder der drei Teile dieses Ballettabends ist musikalisch und tänzerisch unterschiedlich, dabei aber gleichsam unterhaltsam und zum Nachdenken anregend. Mit „Lichten Nächten“ wird die Zeit zwischen Traum und Erwachen definiert. „Es beginnt mit der kleinen Nachtmusik von Mozart“, erklärt Fuchs. „Man kann sich eigentlich fragen, wieso hat Mozart ein so lautes, lebendiges Stück „kleine Nachtmusik“ genannt? Und so finden sich bei uns auf der Bühne alle, die müde sind, aber nicht einschlafen können und es endet in einer Kissenschlacht“, beschreibt Steffen Fuchs den ersten Teil des Ballettabends. „Wir hatten sehr viel Spaß dabei. Viele haben während der Proben gelacht, als sie zuschauten. Wir hoffen, es kommt ebenso gut beim Publikum an.“

Es gibt kein richtig oder falsch

Im zweiten Teil geht es um Traumlandschaften, in dem das Publikum sicherlich sehr viele verschiedene Interpretationsmöglichkeiten sieht. „Aber das ist gut so“, findet Fuchs und sagt überraschenderweise, „Ich freue mich, wenn mir jemand sagt, dass er das Stück nicht verstanden hat. Dann frage ich, was haben Sie gesehen? Und im Gespräch kommt heraus, dass wir vielleicht unterschiedliche Ansätze haben, die aber doch stimmig sind.“ Und er fährt fort: „Kunst tut nicht weh. Es gibt kein richtig und kein falsch. Sie ist mehr ein Ausgangspunkt für Kommunikation.“ Im letzten Teil „Die verklärte Nacht“ geht es hochromantisch zu. Die wunderschöne Musik entführt Tänzer und Besucher in eine einzigartige emotionale Ebene. „So etwas kann man nur live erleben“, sagt Steffen Fuchs. „Das kann man im alltäglichen Leben nicht bei Netto oder Lidl bekommen. Sich auf diese Art berühren zu lassen, erlebt man nur im Theater. Ich freue mich auf viele Besucher, denn dieser Ballettabend ist sowohl etwas für Anfänger als auch für Ballettaffine.“ Petra Dettmer