Die Stadt Montabaur, bekannt für ihre malerische Altstadt und ihr imposantes Schloss, trägt seit dem 19. Jahrhundert stolz den Beinamen "Schusterstadt“. Dieser Beiname wurzelt tief in der Tradition des Schuhmacherhandwerks, das einst ein zentraler Bestandteil des wirtschaftlichen Lebens der Stadt war. Heute sind die Schuster zwar weitgehend aus dem Stadtbild verschwunden, doch ihre Spuren und der historische Einfluss des Handwerks sind in Montabaur nach wie vor lebendig.

Die Schustertradition: ein Eckpfeiler der Stadtentwicklung
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts ist der Begriff "Schuster“ fest mit Montabaur verbunden. In dieser Zeit spielte das Schuhmacherhandwerk eine zentrale Rolle für die lokale Wirtschaft und das gesellschaftliche Leben. In der Blütezeit des Handwerks gab es in Montabaur 62 Schuhmachermeister bei rund 2.700 Einwohner. Für eine Stadt dieser Größe war dies eine erstaunliche Zahl, und das Handwerk entwickelte sich zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor, der weit über die Stadtgrenzen hinaus ausstrahlte.
Besonders prägend war die so genannte „Marktschusterei“, bei der die Schuster an Markttagen ihre derben Schuhe und Stiefel direkt vor Ort herstellten und verkauften. Diese Form des Direktverkaufs wurde zum Markenzeichen der Stadt und machte Montabaur weithin bekannt. Die Montabaurer Schuhmacher stellten ihre Produkte nicht nur auf den Märkten der Umgebung, sondern auch auf großen Messen wie der Frankfurter Messe aus. Ihre Produkte galten als besonders preiswert und hochwertig, was der Stadt den Ruf einer Schusterstadt ersten Ranges einbrachte.
Mit der Industrialisierung und der Verlagerung der Schuhproduktion in andere Regionen wie Pirmasens und Hauenstein begann der Niedergang des traditionellen Schuhmacherhandwerks in Montabaur. Während die Stadt im 19. Jahrhundert noch als blühendes Zentrum des Schuhmacherhandwerks galt, ging die Zahl der aktiven Schuhmacher nach dem Ersten Weltkrieg rapide zurück. Schließlich war nur noch eine Handvoll Schuster übrig, und das einst blühende Handwerk spielte im städtischen Leben keine große Rolle mehr.
Der Beiname „Schuster“ blieb den Montabauren jedoch erhalten und wird bis heute als Symbol für die traditionsreiche Vergangenheit der Stadt verwendet. Eine humorvolle Anekdote ist die Figur des Schusterjungen, der auf dem Konrad-Adenauer-Platz den Bürger viertelstündlich den „Vogel“ zeigt eine kleine ironische Erinnerung an das freche und selbstbewusste Auftreten der Schuster von einst. Auch im Stadtbild selbst finden sich zahlreiche Erinnerungen an das Schuhmacherhandwerk. Der Schusterbrunnen, der 1985 im Rahmen der Neugestaltung des Konrad-Adenauer-Platzes errichtet wurde, ist eine solche Hommage an die Vergangenheit. Die Brunnenfiguren stellen verschiedene Schustermotive dar und sind ein beliebter Treffpunkt und Fotomotiv für Besucher.
Nach der Neugestaltung des Platzes im Jahr 2010 wurde der Schusterbrunnen abgebaut und die Schusterjungen, die den Brunnen ursprünglich schmückten, an anderen Stellen in der Stadt verteilt. So bleibt die Erinnerung an das alte Handwerk im Straßenbild von Montabaur lebendig.
Mon-Stilettos: Ein modernes Symbol
Neben den traditionellen Denkmälern gibt es in Montabaur auch eine moderne Interpretation des Schusterhandwerks: die „Mon-Stilettos“. Die überdimensionalen Pumps sind in der ganzen Stadt verteilt und leiten die Besucher vom neuen ICE-Bahnhof in die Innenstadt und zu den „Montabaur The Style Outlets“. Die 27 kunstvoll gestalteten Schuhe, die von verschiedenen Künstlern entworfen wurden, stellen nicht das grobe Schuhwerk der Schuster dar, sondern symbolisieren auf moderne und künstlerische Weise die Bedeutung der Schuhe für Montabaur
Jeder "Mon-Stiletto“ erzählt eine eigene Geschichte und zeigt unterschiedliche Themen und Motive. So gibt es einen Schuh, der das Gehen und Laufen zitiert, einen, der die Naturverbundenheit der Region thematisiert und einen, der das Stadtbild in seinen Ornamenten aufgreift. Diese Stöckelschuhe sind nicht nur künstlerische Attraktionen, sondern erinnern auch an den Stolz der Stadt auf ihre Schustervergangenheit.