Vielmehr wird schon lange auch im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten aus Altabfällen oder auf den Anlagen des AWB Energie erzeugt. Weitere Ideen, den Energieträger Abfall zu nutzen, bestehen bereits. Insbesondere in zwei Bereichen der Energiegewinnung ist der AWB bereits seit Jahren sehr erfolgreich. Zum einen werden Dachflächen gezielt mit Photovoltaik-Anlagen belegt, darüber hinaus gewinnt der AWB Energie aus Deponiegasen.
PHOTOVOLTAIK:
Aktuell betreibt der Abfallwirtschaftsbetrieb drei PV-Anlagen auf den Dächern seiner Liegenschaften. So wurden 2021 alleine auf dem Dach des Kompostwerks in Bad Kreuznach rund 50000 Kilowattstunden Strom mit der Anlage erzeugt, die bereits 2009 ans Netz ging. „Diese Energie wird vollständig in das öffentliche Netz eingespeist“, erläutert Meik Schwinn, der stv. Werkleiter des AWB. Die hohe Einspeisegebühr, die zu jener Zeit noch vertraglich fixiert werden konnte, diene seither dazu, sich auch positiv auf die Abfallgebühren auszuwirken. Neben dieser „Altanlage“ brachte der AWB in den vergangenen eineinhalb Jahren zwei weitere PV-Anlagen ans Netz. Im März 2021 wurde auf einem anderen Gebäude des Kompostwerks eine 164 KwP-Anlage in Betrieb genommen. „Trotz der Ost-West-Ausrichtung des Gebäudes konnte die Anlage in den ersten zwölf Betriebsmonaten rund 200000 Kilowattstunden Strom aus Sonnenenergie erzeugen. Rund 75 Prozent des Stroms werden für die energieaufwändigen Prozesse im Kompostwerk genutzt, der Überschuss ins Stromnetz eingespeist“, erläutert der stv. Werkleiter.
Im März dieses Jahres konnte zudem eine 90 KwP-Anlagen auf dem Wertstoffhof in Meisenheim in Betrieb genommen werden. Die bisher gewonnenen 47000 Kilowattstunden Strom wurden nahezu vollständig selbst verbraucht. „Unsere Prozesse verbrauchen viel Energie, sodass insbesondere in Zeiten, in denen Energiepreise steigen, diese Investitionen Gold wert waren – für den AWB und für die Gebührenzahlenden, aber natürlich auch für die Umwelt, denn immerhin ist es sauberer, grüner Strom, der so zum Einsatz kommt“, so Schwinn.
DEPONIEGASE:
Neben der Energiegewinnung durch die Sonne nutzt der AWB auch die sogenannten Deponiegase zur Stromerzeugung. Bei Deponiegasen handelt es sich um Methan, welches auf Mülldeponien im einst eingelagerten Abfall durch Zersetzungsprozesse entsteht. „Trotz der bereits sehr früh im Landkreis eingeführten Biomülltonne sind im Restabfall bis heute relativ hohe organische Anteile zu finden“, weiß Schwinn. Die organische Zersetzung setze das Methan als Abfallprodukt frei. „Der AWB nutzt dieses zur Stromerzeugung auf seinen alten Deponiearealen“. Auf den früheren Mülldeponien Meisenheim und Langenlonsheim werden entsprechende Anlagen betrieben. Beide Deponien sind seit Jahren nicht mehr im Betrieb und bereits saniert. „Im Zuge dieser Sanierungen wurde der Altmüllkörper mit Gasbrunnen ausgestattet, um das entstehende Gas abschöpfen und in einen Motor leiten zu können. Dieser verbrennt das Gas und treibt einen Stromgenerator an“. Auf der Deponie Langenlonsheim wurden auf diesem Wege zum Beispiel im Jahr 2021 aus 340.000 Kubikmetern abgeschöpftem Deponiegas 422.000 Kilowattstunden Strom. In Meisenheim waren 270.000 Kubikmeter Gas nutzbar, woraus 320.000 Kilowattstunden Strom produziert wurden. „Durch die Verstromung dieses sprichwörtlichen Abfallproduktes aus den Altmüllkörpern wird der Energiezukauf deutlich abgesenkt“. Insgesamt produziert der AWB im Schnitt jährlich über 1,1 Million Kilowattstunden Strom – genug, um rechnerisch rund 275 durchschnittliche Vier-Personen-Haushalte mit Strom zu versorgen.
VISIONEN:
Neben den bereits ausgeschöpften Potentialen entwickelt der Abfallwirtschaftsbetrieb stetig weitere Möglichkeiten, nachhaltig Energie gewinnen zu können. So soll durch ein Gutachten geklärt werden, ob die künftige Verwertung des Bioabfalls zur Produktion von Biogas oder Wasserstoff als Energieträger auf dem Kompostwerkgelände sinnvoll wäre. „Es ist ein wichtiger Ansatz des AWB, die möglichen Energiequellen auszuschöpfen. Die dahinterstehende Vision ist es, aus dem gesammelten Abfall einen Energieträger, wie etwa Wasserstoff, herzustellen, um damit die Sammelfahrzeuge betreiben zu können. Dies wäre – zumindest in Teilen – eine Kreislaufwirtschaft nach Maß“.