Wie sich Abschiedskultur verändert

Immer mehr Menschen in der Region gestalten Trauerfeiern individuell

29. August 2025
Wie sich Abschiedskultur verändert

Blumen zum Gedenken: In den Friedwäldern der Region finden immer mehr Menschen eine naturnahe letzte Ruhestätte - still, persönlich und im Einklang mit der Umgebung. Foto: lotharnahler - stock.adobe.com

Lange Zeit war die letzte Ruhestätte festgelegt: Friedhof, Grabstein, Trauerflor. Doch diese traditionellen Rituale verlieren zunehmend an Bedeutung. Stattdessen wächst der Wunsch nach einem persönlichen, individuellen Abschied. Auch in Rheinland-Pfalz setzen sich neue Formen der Bestattung durch – geprägt von Kreativität, Autonomie und digitaler Erinnerungskultur. 

Wandel der Rituale

Ob Balladen statt Orgelmusik, das Fotoalbum als Herzstück der Trauerfeier oder die letzte Ruhestätte im Wald – die Art, wie Menschen trauern, verändert sich. Immer mehr Angehörige wünschen sich einen Abschied, der dem Leben des Verstorbenen gerecht wird. „Trauerfeiern sind heute viel stärker Ausdruck individueller Biografien“, so ein regionaler Bestatter. „Wir erleben, dass Angehörige selbst Musik, Reden und Rituale auswählen – oft ganz bewusst außerhalb klassischer kirchlicher Strukturen.“

Die Gründe dafür sind vielfältig. Viele Menschen empfinden traditionelle Bestattungen als zu distanziert. Stattdessen rücken persönliche Erinnerungen, selbst gestaltete Zeremonien und neue Orte des Gedenkens in den Vordergrund. Friedhöfe werden seltener besucht, während neue Trauerorte – etwa in der Natur oder im Internet – entstehen. 

Zwischen Friedwald und Livestream

Insbesondere Naturbestattungen erfreuen sich großer Beliebtheit. In Friedwäldern, unter Bäumen oder an Bachläufen beigesetzt zu werden, gilt vielen als naturnah und sinnstiftend. „Wir wollten einen Ort, der Ruhe ausstrahlt und dem Leben unserer Mutter entsprach“, erzählt ein Sohn, der seine Mutter unter einer alten Buche beisetzen ließ.

Ein weiterer Trend: digitale Gedenkkultur. Online-Gedenkseiten, Videobeiträge oder Livestreams der Trauerfeier machen es möglich, Erinnerungen zu teilen – auch über räumliche Distanzen hinweg. Besonders in Pandemiezeiten wurde deutlich, wie wichtig digitale Angebote für Angehörige sein können, die nicht vor Ort Abschied nehmen können. 

Abschied mit Bedeutung

Die neue Form der Abschiedskultur bringt nicht nur kreative Freiheit, sondern auch Trost. Angehörige gestalten bewusst Rituale, die zum Verstorbenen passen. Musikstücke, persönliche Reden, Fotos oder kleine Erinnerungsstücke – all das macht den Abschied greifbar und emotional. Eine Tochter erinnert sich: „Mein Vater war Hobby-Gitarrist. Bei der Feier haben wir seine Lieblingsstücke gespielt. Das war traurig – aber auch tröstlich und schön.“ 

Zudem stärken personalisierte Trauerfeiern die Gemeinschaft. Freunde und Familie finden in individuell gestalteten Momenten gemeinsam Halt. Auch das Erzählen von Geschichten, das Teilen von Erinnerungen und die bewusste Würdigung des gelebten Lebens stehen im Mittelpunkt.

Auch die Kirchen nehmen diesen Wandel wahr. Während sie lange zentrale Orte des Gedenkens waren, müssen sie sich heute neu positionieren. Manche Gemeinden bieten mittlerweile bewusst offene Formate an, in denen religiöse und individuelle Elemente kombiniert werden können. red