
Neuwied wird ja gern unterschätzt. Aber ich sage Ihnen: Wir sind avantgardistisch. Zukunftsstadt. Silicon Valley am Rhein. Zumindest fühlt es sich so an, seit die Servicebetriebe einen Müllsammel-Roboter präsentiert haben. Ja, Sie haben richtig gehört: ein Roboter – der im Schlosspark herumrollt und Kippen einsammelt. Während ich das schreibe, muss ich kurz die Brille absetzen und lachen.
Früher, da saß man am Deich, aß ein Brötchen, wickelte das Papier zusammen und steckte es in die Tasche. Heute weht die Tüte als urbanes Steppengras über den Raiffeisenring. Und jetzt soll also ein kleiner, fleißiger Kunstkopf hinterherfahren und alles aufsaugen, was wir nicht selbst mitnehmen. Wenn das kein Fortschritt ist, weiß ich auch nicht.
Der Roboter kann acht Stunden am Stück arbeiten, sagen sie. Acht Stunden! Das ist länger als mein Nachbar Rolf beim Frühschoppen durchhält.
Und er erkennt Müll automatisch. Ich würde mir wünschen, manche Spaziergänger würden das auch wieder lernen. Und weil wir Rheinländer allem, was uns länger begleitet, irgendwann einen Namen geben, schlage ich vor: „Johann vom Stadtpark“ – oder wie wir kurz und knapp sagen: de Schäng.
Ich sehe es schon vor mir: de Schäng rollt über die Schlosspark-Wiese, leise surrend, fleißig, höflich. Ein Hund bellt, Kinder winken, zwei Jugendliche versuchen ein Selfie. Und de Schäng tut, was er tun muss: Er beseitigt, was wir großzügig verteilen.
Und während wir alle schauen und staunen, könnte einem leise bewusst werden: Der Roboter ist keine Zukunftsvision. Er ist ein Spiegel. Vielleicht sollten wir ihm deswegen ein Schild anbringen: „Ich arbeite hier, weil du es nicht getan hast.“
Ich werde jedenfalls freundlich grüßen, wenn ich ihn das erste Mal sehe. Und heimlich hoffen, dass er auch an den Imbissbuden am Luisenplatz vorbeifährt.
Bis zum nächsten Mal!
Ihr Werner,
unterwegs zwischen Parkbank, Papierkorb und dem surrenden Beweis, dass Höflichkeit manchmal einen Akku braucht.
