Mehr Freiheit beim letzten Weg des Lebens

Rheinland-Pfalz öffnet das Bestattungsrecht

01. Januar 1970
Mehr Freiheit beim letzten Weg des Lebens

Das Bestattungsgesetz erlaubt nun, den Umgang mit der Urne persönlicher und individueller zu gestalten. Foto: Maryna Adrijanova - stock.adobe.com

Ein stiller Abschied am Fluss, eine schlichte Beisetzung im Tuch oder eine Urne im eigenen Garten – was früher streng geregelt war, ist in Rheinland-Pfalz nun erlaubt. Mit dem neuen Bestattungsgesetz, das Ende September in Kraft getreten ist, reagiert das Land auf den Wandel in der Trauerkultur. Mehr Selbstbestimmung, weniger Zwang – aber auch klare Auflagen, damit Würde und Pietät gewahrt bleiben.

Neue Freiheiten, klare Bedingungen

Die auffälligste Änderung ist die Abschaffung der Sargpflicht. Wer möchte, kann sich nun in einem Leinentuch bestatten lassen. Diese sogenannte Tuchbestattung steht für Einfachheit, Naturverbundenheit und ein bewusst reduziertes Abschiedsritual – eine Entscheidung, die für viele Menschen Ausdruck persönlicher Haltung ist. Was in anderen Ländern längst möglich war, galt hierzulande bislang nur für bestimmte Religionsgemeinschaften. Nun steht diese Form allen offen, sofern sie mit den örtlichen Vorschriften vereinbar ist.

Auch bei Urnen schafft das Gesetz neue Möglichkeiten. Künftig dürfen sie – unter Auflagen – nicht nur auf Friedhöfen, sondern auch auf Privatgrund beigesetzt oder zu Hause aufbewahrt werden. Dafür braucht es eine behördliche Genehmigung, die sicherstellt, dass der Ort dauerhaft gesichert, würdevoll gestaltet und vor Störungen geschützt ist. So bleibt die Totenruhe auch auf privatem Grund gewährleistet.

Abschied auf dem Wasser

Neu ist zudem die Möglichkeit der Flussbestattung auf Rhein, Mosel, Lahn oder Saar. Sie darf ausschließlich mit einer wasserlöslichen Urne und vom Schiff aus erfolgen. Das Verstreuen der Asche im Wasser bleibt verboten, um Natur und Wasserqualität zu schützen. Bis die Ausführungsverordnung verabschiedet ist, werden Anträge einzeln geprüft. Diese Form des Abschieds erfüllt den Wunsch vieler Menschen nach einer symbolischen Rückkehr in den Kreislauf der Natur – ruhig, fließend und ohne festen Ort.

Bestatterinnen und Bestatter begrüßen die neuen Möglichkeiten, sehen aber auch Herausforderungen. Sie müssen Angehörige künftig noch genauer beraten, damit persönliche Wünsche mit gesetzlichen Vorgaben vereinbar bleiben.

Erinnerung, die bleibt

Wer eine bleibende Erinnerung bewahren möchte, darf künftig einen kleinen Teil der Asche zu einem Erinnerungsstück formen lassen – etwa zu einem Schmuckstein. Der übrige Teil wird gesetzlich vorgeschrieben beigesetzt. Damit schafft das Gesetz einen Mittelweg zwischen individueller Erinnerung und würdevoller Bestattung.

Auch für Eltern von Sternenkindern bringt die Reform Veränderungen: Kinder unter 500 Gramm dürfen nun offiziell beigesetzt werden – auf Wunsch auch gemeinsam mit einem Elternteil. So erhalten Familien einen Ort der Trauer, der bisher oft fehlte.

Verantwortung und Kultur

Trotz aller Liberalisierung bleibt der Friedhof ein zentraler Ort des Gedenkens. Er steht für öffentliche Sichtbarkeit, Pflege und gemeinschaftliche Erinnerung – Werte, die auch im modernsten Bestattungsrecht Bestand haben. Der Wandel in der Trauerkultur zeigt, wie wir Erinnerung gestalten: persönlich, bewusst und im Einklang mit Würde und Leben.