Vor 20 Jahren gründete Tobias Jost seine eigene Tischlerei in Hallgarten. Heute blickt der 48-jährige Tischlermeister auf zwei Jahrzehnte zurück, in denen er sich mit Maßarbeit, Gespür für Materialien und einem ausgeprägten Sinn für Ästhetik einen Namen gemacht hat. Anlässlich des Jubiläums setzt er nun auch einen neuen Meilenstein: Seit diesem Sommer bildet Jost erstmals aus.
Vom Hörsaal zum Tischlermeister
Beinahe wäre Tobias Jost Bauingenieur geworden. Nach seiner Ausbildung zum Tischler begann er ein Studium des Bauingenieurwesens, merkte jedoch bald, dass ihn diese Richtung nicht erfüllte. Jost kehrte zurück in die Werkstatt, arbeitete drei Jahre als Geselle und sammelte wertvolle Erfahrung, bevor er 2004/2005 die Meisterschule besuchte und absolvierte. Parallel dazu legte er erfolgreich die Fachweiterbildung zum Restaurator im Tischlerhandwerk ab.
„Ich würde es jederzeit wieder machen“, sagt Jost heute. Eine Karte zu seinem 40. Geburtstag bringt seine Haltung auf den Punkt: Wähle den Beruf, den du liebst, und du musst niemals arbeiten. „Natürlich muss ich arbeiten, aber es ist keine Last, sondern macht unendlich viel Spaß.“
Werkstatt mit Geschichte
Die Werkstatt selbst hat eine besondere Atmosphäre: eine umgebaute Bruchsteinscheune aus den 1930er Jahren, die einst sein Urgroßvater errichtet hatte. Zwischen Balken und Bruchsteinmauern stehen heute modernste Holzbearbeitungsmaschinen. „Das Ambiente inspiriert mich jeden Tag aufs Neue“, sagt Jost. Hier entstehen Küchen, Einbauschränke, Badmöbel oder ganze Bibliotheken – immer individuell, immer auf Maß. Serienfertigung kommt für ihn nicht infrage: „Ich mache alles nur in der Stückzahl Eins.“
Handwerkskunst bis ins Detail

Bekannt ist Jost auch für außergewöhnliche Projekte. Sein Meisterstück – ein Schrank in Form einer mittelalterlichen Bibel mit vergoldeten Beschlägen – bezeichnet er selbst als „Gipfel der Handwerkskunst“. Als Restaurator hat er außerdem schon beschädigte Erbstücke wieder zum Leben erweckt, wie einen vom Traktor überrollten Sekretär, den er in 120 Stunden restaurierte.
Doch nicht nur große Aufträge prägen seine Arbeit. „Manchmal reicht es, einen Brandfleck aus einem Tisch zu schleifen oder eine angeknackste Tür oder wackligen Stuhl zu reparieren. Auch das gehört dazu.“
Ausbildung als Investition in die Zukunft
Nach 20 Jahren als Einzelkämpfer wagt Jost nun einen wichtigen Schritt: Er bildet erstmals aus. „Es ist eine große Verantwortung, aber auch eine Investition in die Zukunft. Wissen weiterzugeben, ist für mich ein Herzensanliegen“, sagt Jost. Seit Sommer lernt Luca Korrell das Tischlerhandwerk in seiner Werkstatt. Genau wie Tobias Jost hatte auch er zunächst ein Studium begonnen, sich dann aber für den handwerklichen Weg entschieden. Die Aussicht, am Ende eines Arbeitstages ein greifbares Ergebnis in den Händen zu halten, fasziniert den jungen Azubi besonders.
Blick nach vorn
Die Nachfrage ist groß: Kunden kommen aus dem gesamten Umkreis zwischen Mainz und Winnweiler, Wartezeiten von mehreren Monaten sind keine Seltenheit. Dabei setzt Jost bewusst auf hochwertige Materialien und enge Abstimmung mit seinen Auftraggebern. „Die Kunden bekommen bei mir genau das, was sie wollen. Wir setzen uns zusammen, ich zeichne den Plan, wir besprechen die Details – und dann geht es los.“
Mit dem Jubiläum im Rücken und einem Azubi an seiner Seite sieht Tobias Jost optimistisch in die Zukunft. „Handwerk lebt davon, dass man es mit Leidenschaft macht. Holz ist für mich kein Werkstoff wie jeder andere – es ist lebendig. Und das soll man in jedem Möbelstück sehen.“